Kraft-Wärme-Koppelung ist energiepolitisch eigentlich erwünscht, doch die Stadt Pforzheim muss sie zurückbauen. Ende 2015 fällt ein Block des Heizkraftwerks endgültig aus. Ein neues Gaskraftwerk aber rechnet sich nicht.

Pforzheim - Bundes- und Landesregierung wollen den Ausbau der Kraft-Wärme-Koppelung als wichtigen Beitrag zur Energiewende forcieren. Die Stadt Pforzheim ist schon viel weiter: Seit 1965 werden im Heizkraftwerk (HKW) Elektrizität und Heizenergie per Kraft-Wärme-Koppelung produziert. Über 20 000 Haushalte in der knapp 117 000 Einwohner zählenden Großstadt sind an das Fernwärmenetz angeschlossen. Mit gut 22 Prozent liegt der Anteil der Fernwärme an der Gesamtwärmeversorgung deutlich höher als im bundesdeutschen Schnitt von zehn Prozent.

 

Ausgerechnet jetzt, wenn Versorgungssicherheit gefragt ist, ist die Stadt zu einem Rückschritt gezwungen, bedauert der Baubürgermeister Alexander Uhlig. Im Heizkraftwerk muss Ende 2015 der alte, aus dem Jahr 1980 stammende sogenannte Kombiblock vom Netz. Die Emissionsgrenzwerte sind technisch nicht mehr einhaltbar. Mehrfach war die Gas- und Dampfturbinenanlage technisch nachgerüstet, dreimal schon die Genehmigung verlängert worden. Als Ersatz sei ein reiner Heizkessel (Kosten: rund fünf Millionen Euro) bestellt worden, der nur noch Wärme liefert, sagt der HKW-Geschäftsführer Martin Seitz. Die Folgen: Die Stromkapazität aus der Kraft-Wärme-Koppelung wird dann um 50 Prozent sinken.

Ein neues Gaskraftwerk rechnet sich nicht

Dass nun erstmals eine solche Anlage stillgelegt und durch eine reine Heizvariante ersetzt werde, ist für den Bürgermeister Uhlig eine „vertrackte Situation“. Um den „Ist-Zustand“ wieder herzustellen, müsste ein Gaskraftwerk gebaut werden, das aber rechnet sich nicht. Einer Investitionssumme von 30 bis 40 Millionen Euro stünde eine „unkalkulierbare Einsatzleistung“ gegenüber. Denn dieses Gaskraftwerk würde, genau wie der bisherige Kombiblock, zur Unterstützung nur in den Wintermonaten laufen. „Gas ist der teuerste Brennstoff, den nimmt man nur in der höchsten Not“, verdeutlicht der HKW-Geschäftsführer. Die immer geringer werdenden Betriebsstunden wiederum haben mit dem starken Ausbau der erneuerbaren Energien zu tun. Es gibt einen Einspeisevorrang etwa für Solar- und Windenergie, die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke ist in der sogenannten Merit-Order festgelegt.

„Wir brauchen eine Förderung für Gaskraftwerke. Das ist ein ungelöstes Problem der Energiewende“, sagt Uhlig. Deshalb will sich der CDU-Bürgermeister an den Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) wenden. Untersteller weiß um dieses Problem. Im vergangenen Jahr bereits hat er einen Vorschlag für einen Kapazitätsmarkt gemacht, vor Kurzem in Berlin zusammen mit dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag, Jürgen Trittin, dazu ein gemeinsames Papier vorgestellt. Die Idee dabei ist, dass die Bereitstellung von Kapazitäten zur Deckung des Strombedarfs vergütet werden, damit trotz sinkender Börsenpreise für Strom der Betrieb und auch der Bau moderner Gaskraftwerke wirtschaftlich bleibt.

Klimaschutz gilt als „Daueraufgabe“ in Pforzheim

Für den CDU-Politiker, seit Langem überzeugt von der Notwendigkeit zum Energiesparen und der Reduzierung von klimaschädlichen Treibhausgasen, ist „Klimaschutz eine Daueraufgabe“. Dazu hat sich die Großstadt auch verpflichtet: Seit Juni 2008 gehört Pforzheim – neben Heidelberg und Freiburg als eine der drei ersten baden-württembergischen Kommunen – dem „Konvent der Bürgermeister“ an, einem Zusammenschluss europäischer Städte, die die EU-Ziele zur Reduzierung der CO2-Emissionen um mindestens 20 Prozent unterschreiten wollen. Das Pforzheimer Ziel liegt bei 35 Prozent.

Der Gemeinderat hat das integrierte Klimaschutzkonzept ebenso gebilligt wie den Aktionsplan für nachhaltige Energien, der Bedingung ist für den Konvent. Diese Verpflichtung wiederum erleichtert Uhlig nun so manches Mal die Überzeugungsarbeit im Gemeinderat bei teuren energetischen Maßnahmen: „Wir müssen nach Brüssel liefern.“ Inzwischen gibt es eine Prioritätenliste für die energetische Sanierung aller 328 städtischen Gebäude, nur „mit der Energieschleuder Rathaus“ werde es schwierig. „Passivhausstandard ist Pflicht“, sagt Uhlig, gemäß den hohen Ansprüchen werde stets auch ein „Plusenergiestandard“ geprüft.

Passivhausstandard ist Pflicht, Plusenergiestandard wird geprüft

Der Neubau des Hilda-Gymnasiums etwa ist ein CO2-neutrales Gebäude, (Kosten 26 Millionen Euro), auf dem Dach ist eine Solarstromanlage montiert. Seit 2010 werden auf städtischen Gebäuden nur noch städtische Fotovoltaikanlagen für den Eigenverbrauch installiert, nur der Überschuss geht ins Netz. Insgesamt erbringt Fotovoltaik auf kommunalen Gebäuden und Flächen eine Leistung von 2,7 Megawatt. Es gibt eine Solarberatungskampagne für Hauseigentümer nebst ein Solarportal im Internet. Auf Atomstrom in städtischen Gebäuden wird seit Juli 2011 verzichtet, für Uhlig ein „deutliches Zeichen“ an die Bürger, auf erneuerbare Energien zu setzen. Dazu gehört auch die Windkraft. Derzeit werde im Stadtteil Büchenbronn, dem einzig möglichen Standort, darüber diskutiert.

„Die Energiewende wird man sehen“, sagt Uhlig. Dass man auch in einer Großstadt wie Pforzheim „alle Chancen ernsthaft prüft und ergreift“, auch darüber soll der Umweltminister informiert werden. Die Pforzheimer Liste ist lang.