Die weltweiten Zukunftsaussichten für die Batterieproduktion sind rosig: Bereits jetzt zieht das Geschäft mit Lithiumionen-Akkus auch ohne E-Autos kräftig an. Deutschland hinkt in der Forschung hinterher, aber nicht bei den Anlagen zur Produktion.

Stuttgart - Stuttgart - Die F & K Delvotec Bondtechnik ist ein mittelständisches Unternehmen aus Ottobrunn bei München, das sich auf Drahtverbindungen spezialisiert hat. Dieses sogenannte Bonden kann man einsetzen, um einen Halbleiter mit dem Chipgehäuse zu verbinden. Man kann es aber auch in der Batterieproduktion nutzen, um die einzelnen Zellen miteinander zu verbinden. Das ist sogar einfacher als Halbleiter zu bonden. Für die Firma ist dieses neue Geschäftsfeld ein echter Hit: Inzwischen macht sie mehr als die Hälfte ihres Umsatzes mit dem Bonden für die Batterieproduktion, wie Josef Sedlmair berichtet, der den internationalen Verkauf und Handel koordiniert.

 

Sedlmair ist zusammen mit anderen Industrievertretern an das baden-württembergische Zentrum für Sonnenenergie und Wasserstoff-Forschung (ZSW) nach Ulm gekommen. Dort wurde im vergangenen September eine weltweit einmalige Forschungsplattform eröffnet: das Labor für Batterietechnologie eLaB, das jetzt einsatzfähig ist. Hier kann nun der gesamte Prozess zur Herstellung von Lithiumionen-Batterien vollzogen werden: vom Mixen und Auftragen der Beschichtungspasten für die Elektroden über das Aufwickeln oder Stapeln der einzelnen Zellen in Stacks und deren Befüllung mit Elektrolyt bis hin zur Inbetriebnahme – der sogenannten Formierung – der fertigen Zellen. Der Clou dabei: die einzelnen Prozesse können nach Belieben variiert werden, um so neue Rezepturen oder Fertigungstechniken testen zu können. Übrigens stammen alle Maschinen der Anlage von deutschen Firmen.

Geschäft mit Lithiumionen-Akkus boomt

Es ist schon lange her, dass Deutschland eine Batterie-Hochburg war. „Vor zehn Jahren gab es hierzulande praktisch keine Batterieforschung mehr“, berichtet Werner Tillmetz, der am ZSW den Geschäftsbereich Elektrochemische Energietechnologien leitet. Aber die weltweiten Zukunftsaussichten sind so rosig, dass sich ein Umdenken lohnt: Allein für Batterien für Elektroautos wird einer Größenordnung von weltweit 50 Milliarden Euro Umsatz bis 2025 prognostiziert. Doch auch wenn Prognosen mehr oder weniger unsicher sind, Realität ist, dass bereits jetzt das Geschäft mit Lithiumionen-Akkus auch ohne E-Autos kräftig anzieht: Derzeit verdoppelt es sich etwa jährlich. Der Boom bei den Elektrofahrrädern hat dabei einen erheblichen Anteil. Auch Elektrospeicher im Haus, die selbst produzierten Fotovoltaikstrom speichern, stoßen dank rasch sinkender Preise auf zunehmendes Interesse.

Umso bedauerlich ist für viele Fachleute, dass in Deutschland keine Lithiumionenzellen mehr hergestellt werden, wenn, wie angekündigt, die Firma Litec ihre Produktion im sächsischen Kamenz zum Jahresende einstellt. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) setzt sich allerdings vehement dafür ein, dass künftig in Deutschland nicht nur Akkuzellen zu größeren Modulen und fertigen Energiespeichern zusammengesetzt werden, sondern auch die einzelnen Zellen selbst produziert werden – aus einem leicht nachvollziehbaren Grund: Nach wie vor sind die deutschen Anlagenbauer weltweit ganz vorne, wenn es darum geht, die meist asiatischen Hersteller mit Anlagen zur Zellenproduktion auszurüsten. Einen wichtigen Anteil haben dabei ihre Erfahrungen aus der Entwicklung von Produktionsanlagen für Fotovoltaikzellen.

Neue unbekannte Technologien können zum Einsatz kommen

Doch diese Position können die Anlagenbauer nur halten, wenn sie an der Weiterentwicklung der Batterien wie auch der Herstellungsprozesse beteiligt sind. „Dazu brauchen wir Batteriefabriken, am liebsten vor Ort und am liebsten sofort“, betont Peter Haan von Siemens, der beim VDMA Sprecher des Lenkungskreises Batterieproduktion ist. In Ulm haben die Anlagenbauer nun immerhin die Gelegenheit, neue Entwicklungen unter realen Alltagsbedingungen zu testen. Dabei sind die Experten der festen Überzeugung, dass die Serienproduktion von Hochleistungszellen auch in Asien und den USA noch längst nicht ausgereift ist.

Dabei können auch ganz neue, bisher unbekannte Technologien zum Einsatz kommen. So kann man zum Beispiel beim Bonden, das bisher mit Ultraschall erfolgte, auch einen Laser einsetzen, wie Sedlmaier verrät – was einen größeren Vorsprung vor der asiatischen Konkurrenz verschafft. Das Gute dabei: „Es gibt nicht die eine Technik“, betont Marc Kirchhoff von Trumpf Laser- und Systemtechnik – und berichtet von dem unglaublichen „Drive“ und der „extrem schnellen Weiterentwicklung“ etwa beim Zusammenfügen von Materialien.

Auf der internationalen Fachmesse Battery und Storage, die im Oktober in Stuttgart im Rahmen der Messe World of Energy Solutions stattfindet, wollen die deutschen Anlagenbauer zeigen, was sie können. Dabei ist es ihnen wichtig, dem interessierten Fachpublikum die gesamte Wertschöpfungskette vorzustellen: von der Zellenproduktion bis zur fertigen Batterie. Schwerpunkt ist allerdings die Fertigung von Batteriemodulen und Batteriepacks, also ein Gebiet, auf dem Deutschland schon jetzt als führend gilt.

Forschung zur Batteriefertigung

Labor
Am Standort des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Ulm wurde im vergangenen September das Labor für Batterietechnologie (eLaB) um einen vierten Gebäudeteil erweitert. Auf drei Stockwerken verteilt kann hier nun die seriennahe Produktion von Lithiumionen-Akkus entwickelt werden.

Forschungsprojekt
Im Juni startete das Verbundprojekt GIGA-LIB, das den Transfer von der Batterieforschung in die industrielle Anwendung ermöglichen soll. Die Federführung liegt beim Unternehmen Varta Microbattery. Beteiligt sind sind auch die Anlagenbauer Manz aus Reutlingen, die M+W-Gruppe, Thyssen-Krupp System Engineering sowie das ZSW. Im Rahmen des zweijährigen Projekts sollen Fertigungsmethoden für eine modular aufgebaute Produktion von Lithiumionenzellen erforscht werden, und zwar gezielt für den Einsatz in Elektrofahrzeugen.

Förderung
Unterstützt wird das Projekt vom Bundesforschungsministerium mit rund fünf Millionen Euro. Dieser Betrag kommt zu den rund 60 Millionen hinzu, mit denen das bereits gestartete Forschungsprogramm „Batterie 2020“ gefördert wird. Ziel dieses Großprojekts ist, Material- und Prozesstechnik für Lithiumionen-Systeme zu entwickeln.