Die Firmen schätzen die Energieeffizienz hoch ein, doch sie geben nur fünf Prozent der Investitionen dafür aus. Denn die meisten Unternehmen haben kein festes Budget für solche Investitionen.

Stuttgart - Die deutsche Industrie hält sich mit Investitionen zurück, die helfen, den eigenen Energieverbrauch zu senken. Zwar sei den Verantwortlichen über alle Branchen hinweg die hohe Bedeutung und das wirtschaftliche Potenzial von Energieeffizienz-Maßnahmen sehr wohl bewusst, sagt Thomas Bauernhansl, Leiter des Instituts für Energieeffizienz in der Produktion an der Universität Stuttgart. Die meisten Unternehmen haben aber kein festes Budget für solche Investitionen. Diese Rückschlüsse zieht Bauernhansl aus dem Energieeffizienz-Index (EEI), der erstmals berechnet wurde.

 

Ermittelt wird der EEI vom Institut für Energieeffizienz in der Produktion (EEP) an der Universität Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie, der Deutschen Energie-Agentur (Dena) sowie dem Tüv Rheinland. Im Fokus steht dabei das produzierende Gewerbe. Das Ziel des Indexes ist, bereits erzielte und geplante Energieeinsparungen in den Unternehmen zu messen. Bei der Berechnung des ersten EEI gingen die Daten von 80 Unternehmen ein; befragt wurden vor allem Firmen, die sich bereits intensiv mit der Energieeffizienz auseinandersetzen. Dies lässt den Rückschluss zu, dass der erste EEI die tatsächlichen Sparbemühungen der Industrie wohl zu positiv abbildet.

Das Bewusstsein ist da, es passiert aber zu wenig.

In den befragten Unternehmen ist die Bedeutung von Energieeffizienz vorhanden: Für 42 Prozent hat das Thema sogar eine sehr hohe Bedeutung, lediglich 15 Prozent halten es für eher unwichtig. In den getätigten Investitionen spiegelt sich dies aber nicht recht wider: 63 Prozent der Unternehmen geben höchstens fünf Prozent ihrer gesamten Investitionen für energieeffiziente Maßnahmen aus. Künftig könnte der Prozentsatz sogar noch weiter sinken.

Grund für die Zurückhaltung sei, dass viele Unternehmen für diese Investitionen eine Amortisationszeit von drei bis fünf Jahren ansetzen, so Bauernhansl. „Dies greift viel zu kurz“, kritisiert der Institutsleiter. Die Auswertung der Fragebögen habe auch ergeben, dass Unternehmen, die nach der sogenannten Total-Cost-of-Ownership-Methode rechnen – also neben den Anschaffungskosten auch später anfallende Betriebskosten und die Wartung berücksichtigen –, deutlich mehr in die Energieeffizienz investieren als „Unternehmen, die nur auf ihre Jahresbilanzen schauen“.

Gut für die Umwelt und die Arbeitsplätze

Nicht nur Bauernhansl, sondern auch Heinz Dürr, Großaktionär des gleichnamigen Lackieranlagenherstellers sowie Stifter des EEP, werben für Energieeinsparungen. Sein Unternehmen bietet solche Systeme an, denn jeder Euro, der in Effizienzmaßnahmen gesteckt wird, komme nicht nur der Umwelt, sondern auch der deutschen Wirtschaft und den Arbeitsplätzen zugute. Als Beispiel werden Maschinenbauer genannt, die etwa Pumpen für die Wärmerückgewinnung herstellen oder Technologien zur Rückgewinnung von Energie und Materialien. Dies könne zudem ein Vorteil im weltweiten Wettbewerb sein. Wie groß das Einsparpotenzial ist, geht aus einem Positionspapier hervor, das das Institut für Energieeffizienz in der Produktion erstellt hat: Demnach werden in der Produktion mehr als 40 Prozent des gesamten Stroms verbraucht; das EEP sieht hier Einsparmöglichkeiten von bis zu 30 Prozent. Das EEP knüpft den Erfolg der Energiewende nicht zuletzt an Maßnahmen der Energieeffizienz. Es seien dezentrale Lösungen, die zügig umgesetzt werden könnten. Damit sinke die Zahl der benötigten Stromtrassen.

„Gefragt ist jetzt ganz klar die Politik“, sagt Heinz Dürr, Beiratsvorsitzender des EEP. „Ohne Förderinstrumente für entsprechende Investitionen kommen wir nicht schnell genug voran mit der Energiewende.“ Sinnvoll wären Möglichkeiten zur Sonderabschreibung sowie eine branchenspezifische Förderung für Energieeffizienzmaßnahmen.