Die EnBW zählt derzeit 334 Tochterfirmen und Beteiligungen. Konzernchef Mastiaux will sich von etlichen dieser Firmen trennen, um zusätzliches Geld in die Konzernkasse zu bringen. Unter anderem hat Mastiaux EnBW-Beteiligungen in Düsseldorf und Oldenburg auf der Liste.

Stuttgart - Wie viele Beteiligungen hat die EnBW eigentlich? Schon diese Frage führt zu einiger Verwirrung. Gut 100 seien es, wird häufig kolportiert. Doch zählt man die Liste im Geschäftsbericht für 2012 nach, kommt man auf 334 Töchter und Beteiligungen. 100 davon seien aber nur wesentlich, heißt es dann. Wie viele und welche es tatsächlich sind, soll die EnBW nun klären – so sieht es die am Montag vorgestellte Strategie des seit Oktober amtierenden Vorstandschefs Frank Mastiaux vor. Insgesamt sollen bis 2020 durch Verkäufe bis zu drei Milliarden Euro in die Konzernkasse kommen.

 

Erklärtes Ziel des Konzernumbaus ist, erneuerbare Energien, Dienstleistungen und kommunale Partnerschaften zu fördern. In der Tat zeigt ein Blick auf die neun Geschäftsberichtsseiten umfassende Beteiligungsliste, dass Töchter in diesem Bereich schon heute dominant sind.

Teures Engagement in Oldenburg

Daneben aber gibt es Baustellen, die Mastiaux in irgendeiner Weise beseitigen muss. Da wäre beispielsweise die Beteiligung im äußersten Nordwesten Deutschlands, die Oldenburger EWE. 2009 hatte Mastiaux’ Vorgänger Hans-Peter Villis 26 Prozent an dem Unternehmen für zwei Milliarden Euro gekauft. Attraktiv machte die EWE damals ihre Beteiligung am ostdeutschen Gasversorger VNG, auf den die EnBW eine Kaufoption miterwarb. Doch ein erster Anlauf, die Beteiligung der EWE an der VNG zu übernehmen, scheiterte an den anderen VNG-Aktionären. Bald darauf verwandelte der Gaspreisverfall den einstigen Schwan in ein hässliches Entlein.

Schon im Jahr nach dem Kauf musste die EnBW die ersten Abschreibungen auf die niedersächsische Tochter vornehmen, die sich schließlich insgesamt auf 400 Millionen Euro summierten. Heute versucht die EWE ihre baden-württembergische Anteilseignerin per Schiedsgerichtsverfahren dazu zu zwingen, die unattraktive Tochter endlich zu kaufen. Der Ergebnisbeitrag der Oldenburger belastete die EnBW-Bilanz im vergangenen Jahr mit einem Minus von 258 Millionen Euro.

Kein schwäbisches Engagement mehr in Düsseldorf

Auch im eigenen Gasgeschäft der EnBW läuft es nicht überall rund. So konnte die Gasversorgung Süddeutschland (GVS) 2012 zwar den Gewinn von 4,4 auf 8,7 Millionen Euro steigern. Doch die EnBW Eni Verwaltungsgesellschaft, unter deren Dach neben der GVS auch die Gasnetzsparte Terranets angesiedelt ist, schrieb im vergangenen Jahr rote Zahlen. Gut 60 Millionen Euro Verlust entfallen dabei auf die EnBW, die 50 Prozent der Anteile hält. Die andere Hälfte gehört dem italienischen Energiekonzern Eni. Da Mastiaux das Gasgeschäft der EnBW eher ausbauen will, dürfte ein Ausstieg aus dem Eni-Joint-Venture relativ weit hinten auf der Prioritätenliste stehen.

Bereits beschlossen ist, dass die EnBW ihren 15,1-prozentigen Anteil am Mannheimer Versorger MVV Energie AG verkaufen will. Als die geplante Transaktion Anfang Februar bekannt wurde, war von einem möglichen Verkaufserlös von rund 250 Millionen Euro die Rede.

Wer noch auf der Streichliste steht

Wie weit der Verkaufsprozess für die Beteiligung am sechstgrößten deutschen Energiekonzern inzwischen gediehen ist, wollte die EnBW bei der jüngsten Pressekonferenz nicht mitteilen. Ohne deutliche Abstriche beim Preis werde sich aber kaum ein Käufer für das Paket finden, sagt ein Branchenvertreter: „Der MVV-Anteil liegt wie ein toter Fisch in der Auslage.“ Zum einen erhielte ein potenzieller Käufer keinerlei unternehmerischen Einfluss, zum anderen herrscht in der Energiebranche gerade ein erhöhter Verkaufsdruck, weil auch andere Konzerne ihre Beteiligungen durchforsten, um Geld für Investitionen in erneuerbare Energien aufzutreiben.

Als weiterer Verkaufskandidat gilt der 55-Prozent-Anteil der EnBW an den Stadtwerken Düsseldorf. Ein Ausstieg würde gut zur Ankündigung Mastiaux’ passen, sich stärker auf Baden-Württemberg zu konzentrieren. Neben den offensichtlichen, großen Brocken fallen aber in der Beteiligungsliste etliche Namen und Orte ins Auge, die sich nicht so recht in die neue Strategie einfügen. Mastiaux hat Baden-Württemberg, die Schweiz, Österreich und die Türkei als diejenigen Märkte definiert, auf denen sich die EnBW künftig in erster Linie betätigen will. Ungarn und Tschechien nannte Mastiaux nicht – obwohl die EnBW 49 Prozent an dem drittgrößten tschechischen Energieversorger Pražská energetika hält und in Ungarn am zweitgrößten Kraftwerk des Landes in Visonta beteiligt ist. Nicht so recht in die künftige Konzernbeschreibung passen auch Windkraftbeteiligungen in Südafrika oder Uruguay, peruanische Solarkraftwerke oder Biogasanlagen in Thailand.

Infrage stellt Mastiaux auch Beteiligungen der EnBW an konventionellen Kraftwerken in Deutschland, die wegen der Energiewende kaum Geld abwerfen. Auf den Prüfstand dürften folgende drei Steinkohlekraftwerke kommen: das Kraftwerk Bexbach im Saarland, an dem die EnBW die Zweidrittelmehrheit hält, der Meiler in Rostock (50,4 Prozent) und das Großkraftwerk Mannheim (32 Prozent). Hinzu kommen Beteiligungen, die teilweise aus längst vergangenen Zeiten stammen wie etwa der Hersteller von Mülltonnenwaschanlagen Mowa. Er gehörte zum Portfolio der Stadtwerke Düsseldorf, bei denen die EnBW 2001 eingestiegen sind. In die angekündigte Strategie Mastiaux’ passt Mowa eindeutig nicht.