Bei der Reform des Gesetzes zur Förderung erneuerbaren Energien haben Bund und Länder unterschiedliche Interessen. Die politischen Fronten gehen quer über die Parteilinien, während die große Koalition Geschlossenheit demonstriert.

Berlin - Nach einigen Minuten hatte es der Wirtschaftsminister eilig. Er müsse zum nächsten Termin, sagte der Wirtschaftsminister auf der Pressekonferenz mit den Länderministern. Wer Fragen an seine Länderkollegen habe, könne diese ohne seine Anwesenheit loswerden. „Wenn ich weg bin, ist die Kritik auch einfacher“, sagte Sigmar Gabriel (SPD) lakonisch.

 

An Kritik zu den von Gabriel vorgestellten Eckpunkten zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) mangelt es nicht. Auffallend ist, dass die heftigsten Bedenken aus SPD-geführten Ländern vorgetragen werden. Vor dem Gespräch mit den Länderministern machte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) per Radiointerview deutlich, was er von den Vorschlägen des Wirtschaftsministers hielt: nicht viel. Albig verglich die von der Regierung geplante Mengengrenze für Windkraft mit planwirtschaftlichen Methoden. Albig will nicht hinnehmen, dass die Regierung den Zubau bei der Windkraft an Land auf 2500 Megawatt jährlich begrenzen will. „Das haben wir schon im Sozialismus erlebt, dass so was nicht funktioniert“, so Albig.

Aus den norddeutschen Ländern schlägt Gabriel der Wind kräftig entgegen. Als der Wirtschaftsminister am Vormittag im Bundestag sprach, hatte er sichtlich Mühe, Zurückhaltung zu wahren. Ohne Albig beim Namen zu nennen, sagte Gabriel, das Mengenziel von 2500 Megawatt für Windkraft an Land liege im oberen Bereich dessen, was in den vergangenen Jahren produziert wurde. „Wie kann man öffentlich erklären, dass wir das an die Wand fahren?“, sagte Gabriel entrüstet.

Die CDU kommt Gabriel gegen seine Parteifreunde zu Hilfe

Im Bundestag eilte Gabriel der CDU-Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs zu Hilfe. „Ich hätte nie gedacht, dass ich Herrn Gabriel einmal gegen Angriffe der Ministerpräsidenten verteidigen muss“, sagte Fuchs. Die große Koalition will Geschlossenheit demonstrieren. Die Sorge ist groß, dass das Energiepaket von Ländern und Lobbyisten zerpflückt wird. Diese Erfahrung musste vor einem Jahr der frühere Umweltminister Peter Altmaier (CDU) machen.

Weil Gabriel weiß, dass er die Länder für die Energiewende braucht, umwirbt er sie. Die Länder sollen eng in die Beratungen eingebunden werden. Gabriel signalisierte, dass berechtigte Interessen berücksichtigt würden. Nicht verhandelbar ist für ihn, dass mit der EEG-Reform die Kostendynamik bei erneuerbaren Energien gebremst werden muss.

Das wollen auch die Länder beherzigen. Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) zeigte sich in Berlin zuversichtlich. „Bei den Ländern gibt es keineswegs die Haltung, wir machen da nicht mit“, sagte er. Inzwischen ist Gabriel jedoch von Wohlmeinenden umzingelt. Änderungswünschen gibt es zuhauf. Baden-Württemberg geht es darum, dass die Windkraft an Land weiterhin gefördert wird. Gabriel will die Förderung auf die windstarken Standorte begrenzen. Ein Dorn im Auge ist Untersteller auch die Stichtagsregelung in Gabriels Eckpunktepapier. Von der zurzeit gültigen Vergütungen sollen nur die Investoren profitieren, deren Anlagen bis zum 22. Januar 2014 genehmigt wurden. Untersteller argumentierte, es gebe viele Projektbetreiber, deren Anlagen in den nächsten Wochen zugelassen werden sollen. Sie hätten mit den bisherigen Fördersätzen kalkuliert. Ähnliche Wünsche gibt es aus allen Ländern. Das Ministerin will die Sache nochmals prüfen.

Auch im Bundestag sehen die Parlamentarier noch Korrekturbedarf. Der CDU-Mann Fuchs verlangte, dass die Bedingungen für die Eigenstromproduktion von Industriebetrieben nicht verschlechtert werden dürften. Die eigene Stromproduktion der Industrie ist bisher von der EEG-Umlage befreit. Das will Gabriel ändern. Politiker aus Union und SPD fordern, bestehende Anlagen nicht zu verteuern. In diesem Sinne äußerte sich auch Matthias Wissmann, Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Die Autobauer wollen zusätzliche Belastungen bei der eigenen Stromproduktion nicht hinnehmen. Das wäre, als müsse jemand Mehrwertsteuer bezahlen, wenn er die Äpfel seines eigenen Baumes isst, sagte Wissmann.