Noch ist es eine Zukunftsvision: mit Hilfe von Wasser und riesigen Steinblöcken, die aus dem Fels geschnitten werden, kann man vielleicht einmal Strom speichern.

Über mangelndes Interesse an seiner Idee für einen neuartigen Energiespeicher kann sich Eduard Heindl nicht beklagen. Der Professor von der Hochschule Furtwangen hat sie schon bei der Bundesnetzagentur in Bonn vorgestellt und er war damit bei der Hannover-Messe. Er hat sein Konzept in Deutschland zum Patent angemeldet und ist dabei, es mit Hilfe des europäischen Patentamts weltweit schützen zu lassen. Einige Energieversorger sind bereits aufmerksam geworden und eine Schweizer Finanzagentur sucht international Investoren dafür. Die müssen Milliarden einschießen, wenn das Projekt verwirklicht werden soll: Heindl plant nichts Geringeres, als Berge mit Wasser anzuheben und damit Lageenergie in großen Mengen zu speichern.

 

Seine Vision ist ein riesiger Steinzylinder, der mit Diamantsägen aus einem Felsmassiv geschnitten wird. Er soll auf einem Wasserspeicher schwimmen, der mit gewaltigen Pumpen gefüllt werden kann, wenn es Strom im Überfluss gibt. Wird Elektrizität gebraucht, drückt das Gewicht des Felsens das Wasser in große Turbinen, die damit Strom erzeugen. 1000 Meter Durchmesser könnte so ein Brocken haben und genauso hoch sein. Würde er mehrere hundert Meter mit Wasser hoch gedrückt, könnten damit bis zu 1600 Gigawattstunden Strom gespeichert werden, glaubt Heindl. Das ist ungefähr soviel wie der Tagesbedarf von ganz Deutschland.

40 Gigawatt Speichermöglichkeit

Bisher gibt es in Deutschland nur Speichermöglichkeiten von 40 Gigawattstunden, vor allem durch Pumpspeicherkraftwerke. Die Energiewende mit dem raschen Ausbau von Wind- und Sonnenenergieanlagen, die vom Wetter und der Tageszeit abhängig sind, verlangt aber eine weitaus höhere Speicherkapazität. Sonst kann Deutschland nicht ohne Unterbrechung mit Strom versorgt werden. Daher wird nun eilig daran gearbeitet, erprobte Speichertechnologien auszubauen und neuartige zu entwickeln.

Am günstigsten sei aber sein Lageenergiespeicher, meint Heindl. Man könnte ihn auch als Bergspeicher bezeichnen. Er wird relativ billiger, je größer er gebaut wird. Nach Heindls Berechnungen wächst die Speicherkapazität mit der vierten Potenz des Radius. Bei doppelt so großem Radius kann die Anlage also sechzehn Mal mehr Strom speichern. Die Kosten verändern sich laut Heindl dagegen nur proportional zur Außenfläche des Zylinders. Je größer die Anlage ist, desto kostengünstiger kann sie Energie speichern. Für sein Großprojekt rechnet Heindl mit zwei Euro je Kilowattstunde. Ohne Turbinen würde es rund zwei Milliarden Euro kosten, schätzt er.

Pilotprojekt mit 60 Meter Radius

Selbst kleinere Bergspeicher seien gegenüber den herkömmlichen Speichern noch immer wettbewerbsfähig, meint Heindl. Er will das mit einem Pilotprojekt beweisen, das einen Zylinder von 6o Meter Radius haben soll. Als Standort käme Bodenwerder im Weserbergland in Frage. Es gebe auch einen in Baden-Württemberg, sagt Heindl, ohne zu verraten, wo. Das beteiligte Unternehmen möchte ihn noch nicht nennen. Immerhin ist bekannt, wie das Unternehmen heißt, das sich dafür interessiert: Fairenergie in Reutlingen.

Heindl führt auch Gespräche mit den Energieversorgern Badenova in Freiburg und Trianel in Aachen. Mit der baden-württembergischen EnBW sei es wegen der politischen Veränderungen derzeit ein bisschen schwierig zu verhandeln, hat Heindl festgestellt, nachdem er dort schon zweimal vorgesprochen hat. Das Unternehmen teilte auf Anfrage mit, es habe sich mit dem Lageenergiespeicher beschäftigt. Ob er verwirklicht werden könne, hänge aber von technischen, wirtschaftlichen und genehmigungsrechtlichen Fragen ab.

„Technisch machbar“

Technisch sei die Sache machbar, sagt Heindl. Er habe sich bei führenden Unternehmen wie Herrenknecht (Tunnelbau) und Freudenberg (Dichtungstechnik) erkundigt. In der großen Anlage wird mit einem Druck von 200 Bar gearbeitet. Das sei kein Problem, meint Heindl. Hochdruckreiniger könnten das auch. Trotzdem will er die Technik zusammen mit den genannten Unternehmen und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) weiter erforschen. Gemeinsam mit dem KIT hat er außerdem einen Antrag an das Land Baden-Württemberg gestellt, um Geld für ein Demonstrationsprojekt mit einem Zylinder von vier Metern Radius zu bekommen. Wenn alles gut gehe, könne der „Demonstrator“ in einem Jahr auf dem Hochschulgelände in Karlsruhe stehen, hofft Heindl. Sein Konzept sei für den weltweiten Einsatz gedacht, sagt er – und teilt mit, dass sich die Initiatoren des Wüstenstromprojekts Desertec dafür interessierten. Damit könnten sie bei Bedarf gespeicherten Sonnenstrom nach Europa leiten.