Mit überraschend großer Mehrheit haben sich die Böblinger Gemeinderäte gegen eine Kooperation mit den Sindelfinger Stadtwerken entschieden.

Böblingen - Böblingen hat entschieden – und das überraschend deutlich: Am Dienstagabend hat der Gemeinderat mit breiter Mehrheit für den Vorschlag von Oberbürgermeister Wolfgang Lützner (CDU) und Baubürgermeisterin Christine Kraayvanger gestimmt, den Energiekonzern EnBW für den Aufbau eigener Stadtwerke ins Boot zu holen. Nur zwei Stadträte enthielten sich. Die Stadtwerke Sindelfingen gingen als Bewerber ebenso leer aus wie die Thüga.

 

Die Entscheidung richte sich nicht gegen eine Zusammenarbeit mit Sindelfingen, betonten mehrere Räte. „Aber die Stadtwerke Sindelfingen haben ihre Chance nicht genutzt“, sagte der SPD-Fraktionschef Herbert Protze. „Wir konnten uns nur für das wirtschaftlich beste Angebot entscheiden“, betonte der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Grotz.

Böblingen hat deutliche Mehrheit an den neuen Stadtwerken

Der Energiekonzern EnBW war den Böblingern offenbar weit entgegengekommen. So bringt das Unternehmen die Strom- und Gasnetze auf Böblinger Gemarkung zum Preis von 20,7 Millionen Euro in die neuen Stadtwerke ein. Attraktiv war das Angebot auch deshalb: die EnBW hat in ihrer Bewerbung das Netz für die Böblinger günstig bewertet – das konnte der Energieriese, weil er Verkäufer und – als Partner in der Zukunft – zugleich auch Käufer des Netzes ist. Hätten die Sindelfinger Stadtwerke oder die Thüga die Ausschreibung gewonnen, hätten sie mit der EnBW über den Netzpreis verhandeln müssen – in anderen Kommunen endeten solche Gespräche teilweise vor Gericht. An den neuen Stadtwerken wird Böblingen mit 59 Prozent eine deutliche Mehrheit innehaben – auch das war ein Verhandlungsziel der Stadt.

Der Energieexperte Gerhard Jochum hatte sich im Gemeinderat auch gegen eine Zusammenarbeit mit der Nachbarstadt ausgesprochen. Er kritisierte, dass die Sindelfinger kein überzeugendes Konzept zum Ausbau der erneuerbaren Energien hätten – in der Bewerbung der EnBW ist von Investitionen in Höhe von 67 Millionen Euro die Rede.

Bald neue Chance für Kooperation mit Sindelfingen

Johannes van Bergen, Geschäftsführer der Sindelfinger Stadtwerke, wies gestern die Kritik zurück: „In Böblingen sind die Potenziale für den Ausbau erneuerbarer Energien begrenzt. Unter ortsnaher Versorgung verstehen wir nicht Anteile an Windparks in der Nordsee oder Solaranlagen in Spanien“. Die Sindelfinger wollten stattdessen auf mehr Fernwärme setzen. Der Sindelfinger OB Bernd Vöhringer (CDU) zeigte sich von der Absage der Böblinger „nicht wirklich überrascht“. Diese Entscheidung gefährde die Zusammenarbeit der beiden Nachbarstädte bei anderen Projekten jedoch nicht, so Vöhringer.

Die Böblinger Gemeinderäte betonten, dass sich bald eine neue Chance für eine Kooperation zwischen den Stadtwerken biete: 2018 schreibt Sindelfingen nämlich die Konzession für das Stromnetz neu aus. Dann könne man über eine stärkere Zusammenarbeit – oder die Verschmelzung – der Kommunalunternehmen diskutieren. Eine Vereinbarung mit der EnBW soll diese Möglichkeit offenhalten. Bis dahin habe Böblingen Zeit, seine Stadtwerke zum Vollversorger zu entwickeln. „Eine Fusion macht nur Sinn, wenn wir uns auf gleicher Augenhöhe befinden“, sagte der FDP-Fraktionschef Helmut Kurtz. „Sonst bleiben wir die Juniorpartner.“