Um das Hochspannungsnetz der EnBW auf dem Stadtgebiet Stuttgart wird gerungen: Zwei Energieversorger streiten sich um das Eigentum am Hochspannungsnetz und dem Gas-Hochdrucknetz in Stuttgart. Ein Gericht muss den Konflikt nun klären.

Stuttgart - Der Streit zweier Energieversorger um das Eigentum am Hochspannungsnetz und dem Gas-Hochdrucknetz in Stuttgart wird am 20. Dezember geklärt. Dann will die 41. Kammer für Handelssachen am Landgericht ihre Entscheidung verkünden. In der Verhandlung am Dienstag ließ die Kammer unter dem Vorsitz von Richterin Erika Rose eine Tendenz erkennen.

 

Die Stromleitungen und Gasrohre, die die Stuttgart Netze GmbH mit der Feststellungsklage übernehmen will, sind heute im Besitz der Netze BW, einer Tochtergesellschaft der Energie Baden-Württemberg AG (EnBW). Hinter dem Kläger Stuttgart Netze stehen mehrheitlich (74,9 Prozent) die Stadtwerke Stuttgart und der Altkonzessionär Netze BW. Das Nieder- und Mittelspannungsnetz und entsprechende Gasleitungen hatte die EnBW-Tochter bereits an Stuttgart Netze abgegeben. Deren Konzession für den Betrieb läuft bis Ende 2033.

Das Netz ist wirtschaftlich intessant

Im Verfahren vor dem Landgericht geht es um 217 Kilometer Hochspannungskabel (110 000 Volt), Umspannwerke und 270 Kilometer Hockdruckleitung. Diese Infrastruktur ist wirtschaftlich interessant, weil für jedes Kilowatt Strom und jeden Kubikmeter Gas Durchleitungsgebühren anfallen. Der Streitwert ist vom Gericht auf 30 Millionen Euro festgelegt worden. Netze BW hatte erklärt, dass zudem für die Entflechtung des Gasnetzes, also für den Aufbau von Übergabestationen und Zählern, ein zweistelliger Millionenbetrag anfallen werde.

Die Preisfindung spielt im aktuellen Verfahren keine Rolle, es geht allein um die Frage, ob die EnBW-Tochter diese spezielle Infrastruktur abgeben muss. Bundesweit gibt es zu dem Fall kein höchstrichterliches Urteil. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) aus 2014 befasste sich mit dem Mittelspannungsnetz (10 000/20 000 Volt). Sie ist nicht übertragbar. „Wir betreten Neuland, endgültig wird das hier der BGH entscheiden“, sagte Richterin Rose.

Richterin: Sturkturen nicht zementieren

In der Verhandlung machte Rose deutlich, dass sie die Passagen des Energiewirtschaftsgesetzes so liest, dass „Netzstrukturen nicht zementiert werden sollen“. Der Gesetzgeber strebe Wettbewerb an. Was an Besitz längstens für 20 Jahre an den neuen Betreiber übergehe, solle dem alten wirtschaftlich angemessen vergütet werden. Stuttgart Netze begehre keine Anspruch auf „reine Durchgangsleitungen“, so Rose. Um welche Trassen es im Detail gehe, sei in diesem Verfahren nicht das Thema. Damit, so die Vorsitzende Richterin, „würden wir uns im nächsten Prozess befassen“. Rose ließ eine Tendenz für eine Entscheidung zugunsten von Stuttgart Netze erkennen.

„Die Beklagte wirft uns vor, Kasse machen zu wollen“, sagte Anwalt Philipp Boos für Stuttgart Netze. Aber natürlich „agieren beide Unternehmen wirtschaftlich“.

EnBW befürchtet „Tod des Netzes“

Die EnBW sieht in der Abgabe des Hochspannungsnetzes in Stuttgart eine Gefahr. „Unser Netz reicht über halb Baden-Württemberg. Wenn das Herzstück herausgerissen würde, wäre das das Ende der Struktur“, sagte Anwalt Christian Haellmigk. Er sprach vom „Tod des Netzes“, am Ende würde es nur noch „die kleinen Krauter“ geben. Haellmigk befürchtet „verheerende Folgen“. Es sei „völlig normal“, dass das Hochspannungsnetz Eigentum der Netze BW sei und dieser „ewig“ gehöre. Das Unternehmen kann nochmals bis zum 29. November schriftlich argumentieren.

Die Entscheidung fällt am 20. Dezember um 12 Uhr. Dabei, so Richterin Rose, gehe es um „reine Rechtsfragen“.