Wer soll die Stuttgarter Versorgungsnetze? Am Donnerstag will der Gemeinderat das Konzessionsverfahren auf den Weg bringen.

Stuttgart - Im Stuttgarter Gemeinderat zeichnet sich vor der Entscheidung an diesem Donnerstag über die Neuvergabe der Konzession für Strom, Gas und Fernwärme ein breiter Konsens über die der Ausschreibung zugrunde liegenden Kriterien ab. Bei der Vorberatung der Vorlage im Verwaltungsausschuss am Mittwoch zeigten sich alle Fraktionen überzeugt davon, dass verglichen mit dem gegenwärtigen Konzessionsvertrag mit der EnBW die Neuausschreibung der Leitungswegerechte einen enormen Fortschritt darstelle.

 

Bekanntlich läuft der bestehende Konzessionsvertrag für die Bereiche Strom, Gas und Fernwärme zum 31. Dezember 2013 aus. Ein Bürgerbegehren, das zum Ziel gehabt hatte, ausschließlich den neu gegründeten Stadtwerken Stuttgart (SWS) die künftige Energieversorgung zu übertragen, war von Oberbürgermeister Wolfgang Schuster unter Hinweis auf die rechtlichen Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes sowie des Kartellrechts und des europäischen Wettbewerbsrechts als rechtswidrig eingestuft und abgelehnt worden.

Stattdessen soll es nun eine wie vorgeschrieben transparente und diskriminierungsfreie Ausschreibung der Konzession geben. Der Kriterienkatalog für die Vergabe war von einem Unterausschuss des Gemeinderats unter juristischer Beratung der Kanzlei Becker, Büttner, Held erarbeitet worden. Auch diverse Bürgerinitiativen hatten eigene Vorschläge entwickelt, unter welchen Maßgaben der Zuschlag für die Anbieter erfolgen soll. In der Beschlussvorlage, über die der Gemeinderat entscheidet, wurden diese Kriterien zusammengefasst und nach einem Punktesystem priorisiert. Dabei stehen etwa die Versorgungssicherheit und Qualität, der Preis oder die Umweltverträglichkeit ganz weit oben auf der Liste der Anforderungen.

Was passiert, wenn sich die Eigentumsverhältnisse ändern?

Denkbar ist auch ein Kooperationsmodell der Stadtwerke mit einem Energieversorgungsanbieter, wobei die Landeshauptstadt mit mindestens 51 Prozent an einer solchen gemeinsamen Gesellschaft beteiligt sein muss, um entsprechenden Einfluss auf die Geschäftspolitik nehmen zu können.

Noch strittig ist allerdings die Frage, welche Möglichkeiten sich die Stadt bei einem solchen Kooperationsmodell einräumt, wenn es etwa beim Partner einen Eigentümerwechsel oder eine Änderung der Kapitalanteile geben sollte. Im Entwurf des Konzessionsvertrags, der der Ausschreibung zugrunde liegt, ist festgeschrieben, dass der Stadt im Fall eines sogenannten Kontrollwechsels die Zusammenarbeit mit einem Vorlauf von maximal zwei Jahren ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt wird. Bürgerinitiativen und die Fraktionsgemeinschaft SÖS/Linke im Rat wollen dies schon bei der Übernahme eines 25-Prozent-Anteils am Partnerunternehmen gewährleistet wissen, laut Vertragsentwurf tritt die Klausel erst dann in Kraft, wenn das Unternehmen mehr als 50 Prozent seiner Anteile an Dritte verkauft.

Diese Verschärfung geht OB Schuster zu weit. „Wer investiert in den Ausbau und die Modernisierung eines Versorgungsnetzes, wenn er Gefahr läuft, gleich wieder aus dem Gemeinschaftsunternehmen rauszufliegen?“, gab der Rathauschef zu bedenken. Der Vertrag sei schließlich ohnehin nach Ablauf von zehn Jahren kündbar; der bisherige Konzessionsvertrag hatte eine doppelt so lange Laufzeit. Der CDU-Fraktionschef Alexander Kotz tut sich schon schwer mit der 50-Prozent-Regel: Ein solcher Paragraf könnte Partner abschrecken. Entscheidend sei vielmehr, welche Geschäftspolitik ein Unternehmen betreibe „und nicht, ob sich innerhalb eines Unternehmens die Aktienanteile verschieben“. Man müsse nachdenken, ob „ein solch scharfes Schwert nötig ist.“ Auch Robert Kauderer (Freie Wähler) sieht die Kündigungsklausel „kritisch“.

Bei den Grünen herrscht noch Uneinigkeit

Anders dagegen die SPD: deren Stadtrat Manfred Kanzleiter erklärte, es gehe in einem solchen fiktiven Fall um die Identität eines Unternehmens, mit dem die Stadt möglicherweise eine Partnerschaft eingehe. Zugleich appellierte er aber an den Rat, in der Vollversammlung einen einmütigen Beschluss zu fassen.

Die Grünen wollten sich nicht festlegen. Stadtrat Jochen Stopper erklärte, es gebe in dieser Frage in seiner Fraktion noch Diskussionsbedarf. Die Fraktionsspitze tendiert nach StZ-Informationen dazu, es bei der 50-Prozent-Regel zu belassen, doch dagegen regt sich bei den Grünen Widerstand. Hannes Rockenbauch (SÖS) plädierte für eine Verschärfung des Kündigungsrechts. Seine Fraktion ist zwar mit dem Vertragsentwurf und den Vergabekriterien weitgehend zufrieden. Allerdings müsse sichergestellt werden, dass die Beteiligung der Bürger auch im weiteren Verlauf des Verfahrens gewährleistet bleibe.