In der Region Stuttgart herrscht Goldgräberstimmung: Immer mehr Bürger denken daran, sich finanziell an Windenergie zu beteiligen – denn in Zukunft könnten zahlreiche neue Windräder in der Region entstehen. Doch welche Möglichkeiten und Risiken bieten diese Investitionen?

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - In der Region Stuttgart herrscht Goldgräberstimmung: Neue Vorgaben der Landesregierung ermöglichen es, dass deutlich mehr Windkraftanlagen als bisher auf die Höhenzüge gebaut werden dürfen – der Verband Region Stuttgart rechnet mit mehreren Hundert neuen Windrädern in den kommenden Jahren und Jahrzehnten. Viele Kommunen und Unternehmen stehen schon in den Startlöchern.

 

Doch auch viele Bürger wollen die Energiewende nicht nur ideell unterstützen, sondern finanziell davon profitieren. Tatsächlich versprechen manche Gesellschaften, die in Windkraft investieren, Renditen von bis zu acht Prozent – geradezu fantastisch in diesen Nullzinszeiten. In den vergangenen Jahren haben laut dem Bundesverband Windenergie mehr als 100 000 Personen in Deutschland in Windkraft investiert; Anleger und Unternehmen haben so 25 Milliarden Euro aufgebracht.

Doch welche Beteiligungsformen gibt es überhaupt? Und wie seriös sind sie?

1. Beteiligungen

Als klassische Form der Beteiligung haben sich geschlossene Fonds entwickelt. Ein Unternehmen legt einen Fonds auf, um das Kapital beispielsweise für einen Windpark zu sammeln. Ist der benötigte Betrag beisammen, schließt der Fonds, das Projekt geht auf Baustelle. Meist wird der Anleger zum Kommanditisten: Er erhält eine Verzinsung und am Ende der – meist mehrjährigen – Laufzeit sein Kapital zurück. Teils vollziehen sich Beteiligungen auch über Anleihen oder Genussscheine.

Das Risiko ist allerdings nicht gering: Der Kommanditist steht zwar nicht in der persönlichen Haftung, aber bei einer Insolvenz der Gesellschaft kann er seine komplette Einlage verlieren. Dass die prognostizierten Erträge nicht immer eintreten, hat der Bundesverband Windenergie vor einiger Zeit nachgerechnet. Bei einer Auswertung der Jahresabschlüsse von 107 Windpark-Gesellschaften für das Jahr 2007 erbrachte fast die Hälfte der Gesellschaften weniger Erlöse als ursprünglich versprochen. Mancher Fonds habe sich sogar als „Finanzdesaster“ entpuppt, so der Bericht.

Auch Niels Nauhauser, Anlageexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, ist äußerst skeptisch: „Privatanlegern rate ich ganz von einer Beteiligung ab – das Risiko ist gewaltig.“ Oftmals schätzten die Gesellschaften das Windpotenzial zu hoch ein oder die Anlage falle wegen Reparaturen länger aus, und schon stimmten die errechneten Erträge nicht mehr.

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat im März 2011 die Firma Prokon gar verklagt und recht bekommen, weil die Firma in ihrer Werbung nicht auf die erheblichen Risiken hinweisen würde. Der Bundesverband Windenergie hat in einer Umfrage unter Anlegern aber auch festgestellt, dass die Hälfte der Anleger mit ihren Beteiligungen zufrieden ist.

Eine der größten Gesellschaften dieser Art, die Windreich AG, hat übrigens ihren Sitz im nahen Wolfschlugen (Kreis Esslingen). Sie hat bisher mehr als 230 Windparks realisiert. Walter Döring, der frühere FDP-Wirtschaftsminister, ist ein wichtiger Berater des Unternehmens. Er sagt: „Zum Glück konnten wir unseren Zins von 6,5 Prozent bisher immer bezahlen – aber ein Risiko ist dabei.“ Da die Windreich AG viel in Offshoreanlagen – dort ist das Unternehmen nach der installierten Leistung Marktführer mit 35 Prozent – investiere, sei die Wirtschaftlichkeit aber gegeben.

Bürgerwindparks

Auch die Geldanlage in Bürgerwindparks ist im Grunde nichts anderes als eine Beteiligung mit allen genannten Risiken – allerdings liegt bei diesen Projekten, die oftmals von Bürgern selbst initiiert wurden, der Akzent anders: Es geht nicht nur um Rendite, sondern man will selbst an der ökologischen Wende mitarbeiten. Zudem erhöht sich die Akzeptanz von Windrädern, wenn jene Bürger, die vor Ort die Nachteile in Kauf nehmen müssen, zugleich die Möglichkeit haben, finanziell zu profitieren.

Beim neuen Windrad in Ingersheim (Kreis Ludwigsburg) stammen beispielsweise drei Viertel der Mitfinanzierer aus der näheren Umgebung. Dort hat man sich für die Rechtsform der Genossenschaft entschieden: Jedes der 360 Mitglieder hat ein Stimmrecht, so dass viele diese Form der Beteiligung als die demokratischste bezeichnen. Die Einwerbung der Gelder war ein Erfolg: Es wurden 23 000 Anteile zu 125 Euro verkauft, was zu einer Eigenkapitalrate von 80 Prozent geführt hat. Der geringe Schuldendienst erhöht die Erfolgsaussichten.

Auch die Anlage auf dem Grünen Heiner in Weilimdorf ist eine bürgerschaftliche Angelegenheit: Die 75 Gesellschafter sind in Wohl und Wehe mit der Anlage verbunden. Dieter Schäfer von der Betreiberfirma Gedea in Murrhardt räumt aber ein, dass es unterm Strich wohl nur eine ganz knappe Verzinsung geben werde, weil der Wind in den vergangenen Jahren weit unter Durchschnitt geweht habe. Zudem gehöre das Windrad mit seinen 46 Metern Nabenhöhe zu den ganz kleinen seiner Art. „Die Rendite ist ganz klar standortabhängig“, betont Schäfer. Womöglich wird Gedea in Murrhardt ebenfalls die Hand heben, wenn dort neue Standorte für Windräder ausgewiesen werden.

Ein interessantes Modell ist im vergangenen Jahr auf der Ostalb geboren worden: Dort haben die Stadtwerke Aalen und die örtliche Volksbank die Ostalb-Bürgerenergie-Genossenschaft gegründet, an der sich jeder beteiligen kann. Die bekannten ortsansässigen Gründerfirmen vermitteln Sicherheit – im ersten Jahr hat die Genossenschaft laut Vorstand Hans-Peter Weber 300 Mitglieder bekommen. Vier Prozent Dividende ist 2011 gezahlt worden: „Damit waren unsere Mitglieder vollauf zufrieden. Wir versprechen keine Fantasierenditen“, sagt Hans-Peter Weber. Die Kooperation von Stadtwerken und Bürgern wird man auch in der Region Stuttgart künftig öfters beobachten können: „Jede Kommune will gerade einen Bürgerwindpark bauen“, sagt Walter Döring, der viel im Land unterwegs ist – allein die Pachtzahlungen für das Grundstück seien gewaltig.

Auf die Rendite hat diese Organisationsform zunächst keine Auswirkung. Aber Bürgerwindparks seien oft schlechter organisiert als professionelle Gesellschaften, sagt der Experte Niels Nauhauser, was sich eher negativ auf das Ergebnis auswirke – wer nur aufs Geld schaue, sei mit solchen Beteiligungen nicht gut beraten.

Ökofonds

Etwas mehr Sicherheit bieten Ökofonds, wie sie mittlerweile viele Banken und Fondsgesellschaften anbieten. Das Risiko wird dabei gestreut, weil die Gesellschaft, der man sein Geld anvertraut, nicht nur in einen Windpark, sondern in sehr viele unterschiedliche Unternehmen investiert. Es sei deshalb unwahrscheinlich, dass man sein ganzes Geld verliere, sagt der Experte der Verbraucherzentrale.

Allerdings könne es auch bei Ökofonds durchaus passieren, dass der Kurs falle und die vermeintlich gute Rendite sich in Luft auflöse. Die Umweltbank zum Beispiel bietet Ökofonds an, die sich in den vergangenen fünf Jahren ganz unterschiedlich entwickelt haben: Der schlechteste sackte um 44 Prozent ab, der beste hatte einen Zugewinn von 34 Prozent.

Bankeinlagen

Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sein Geld in bestimmte Ökoangebote von Banken geben – die Institute versprechen, dass sie das Geld zu einer garantierten Verzinsung in ökologische Projekte investieren. Zudem greift hier das Einlagensicherungsgesetz, so dass man sein Kapital nicht verlieren kann. Die direkte Beteiligung an einem Windpark oder Ökofonds gehört dagegen zum grauen Kapitalmarkt, der keiner offiziellen Aufsicht unterliegt. Die GLS-Bank zum Beispiel, die eine anthroposophische Gründungsgeschichte besitzt, lässt das angelegte Geld ausschließlich in soziale, ökologische oder pädagogische Projekte fließen – als Anleger kann man wählen, welchen Schwerpunkt man mit seinem Geld setzen will.

Ein Nachteil solcher Bankeinlagen sei allerdings, dass man als Anleger kaum kontrollieren könne, was tatsächlich mit dem Geld gemacht werde, sagt Niels Nauhauser: „Was als ökologisch gilt, ist nirgendwo definiert.“ Und natürlich ist bei solchen Geschäften der Zins eher niedrig. Bei der GLS-Bank gibt es derzeit bei einer fünfjährigen Laufzeit gerade 1,6 Prozent.