Während drei Viertel der Bürger den Ausbau der Ökostromversorgung unterstützen, ringt die Bundesregierung weiter um die Umsetzung der Energiewende.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Ein Großteil der Bürger steht nach wie vor hinter den Zielen der Energiewende. Mehr als drei Viertel aller Befragten haben sich in einer repräsentativen Umfrage für den Ausbau der Ökoenergie ausgesprochen. Auch angesichts von Veränderungen im Landschaftsbild sind 87 Prozent für mehr Windparks auf dem Meer, 79 Prozent für die Aufstellung weiterer Windräder an Land und 77 Prozent für Solaranlagen außerhalb von Siedlungen. Eine größere Skepsis legen die Bürger aber gegenüber dem Bau weiterer Hochspannungsleitungen an den Tag; lediglich 42 Prozent würden eine Zunahme akzeptieren. Alles in allem zeigen diese Ergebnisse, die das Meinungsforschungsinstitut Ecolog im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz erstellt hat, eine hohe Zustimmung für die vor gut einem Jahr eingeleitete Energiewende.

 

Während die Bürger das Projekt mehrheitlich befürworten, geht der Streit über die Umsetzung der Energiewende in der Bundesregierung auch am Dienstag über das von Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) geleitete Spitzentreffen in Berlin hinaus weiter. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) forderte erneut eine rasche Reform des Gesetzes zur Förderung der Erneuerbaren Energien (EEG). Damit schlägt er einen Gegenkurs zu seinem für die Umwelt zuständigen Kabinettskollegen Peter Altmaier (CDU) ein, der die grundlegende Umstellung der Ökostromförderung auf die Zeit nach der Bundestagswahl vertagt hat. Dies hat Altmaier angekündigt, als er vor einigen Tagen sein Arbeitsprogramm für den Rest der Legislatur vorgestellt hat.

Rösler fordert eine Fundamentalreform

Rösler dagegen fordert eine sofortige Fundamentalreform. „Das dürfen wir nicht auf die lange Bank schieben, so wie es manche in der Union wollen“, sagte der Wirtschaftsminister gegenüber einem Online-Dienst. „Die Zeit drängt, die grundlegende Überarbeitung muss noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden.“ Er kritisierte die Förderregeln als Kostentreiber. „So kann das nicht weitergehen.“

Auch Altmaier hat in einem Interview angekündigt, das Tempo beim Ausbau von Sonnen-, Wind- und Biostrom drosseln zu wollen. „Das Ausbautempo muss wieder zu unseren Ausbauzielen passen“, sagte er. Sonst drohten neben Preissteigerungen auch eine Überlastung der Netze und Probleme bei der Versorgungssicherheit.

Die Regierungskoalition zieht die Kritik der Opposition auf sich

Damit zieht die schwarz-gelbe Koalition heftige Kritik aus der Opposition auf sich. „Es ist vollkommen inakzeptabel, den Ausbau bei den erneuerbaren Energien abzubremsen“, sagte der Vizevorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Ulrich Kelber. Es sei „kein Zufall“, dass das Ausbautempo auch bei Energiekonzernen wie RWE und Vattenfall auf Bedenken stoße. „Ein abgebremster Ausbau wäre nur ein später Sieg für Großunternehmen, die jahrzehntelang nicht in die Erneuerbaren investiert haben. Sie sind schlechte Ratgeber in der Debatte.“ Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin machte Schwarz-Gelb für die hohen Verbraucherpreise beim Strom verantwortlich; sie entstünden weniger durch die Ökoenergien als durch die Ausnahmeregeln, die die Koalition zur Entlastung der stromintensiven Wirtschaft geschaffen habe.

Linken-Chefin Katja Kipping forderte angesichts steigender Strompreise einen „Energiebonus“ für Haushalte. Dabei soll jede Person pro Jahr im Durchschnitt 1000 Kilowattstunden kostenlos bekommen. Das Verdi-Vorstandsmitglied Erhard Ott brachte dagegen die Erhöhung von Sozialleistungen als Ausgleich ins Gespräch.