Dirk Baldenhofer war in Kenia und hat dort einen Schlafsaal für Schüler gebaut.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

S-West - Die Toiletten sind nur ein Loch im Boden, oft gibt es kein Wasser, keinen Strom, Wlan erst recht nicht. Immerhin haben alle Internet. Das Leben sei sehr einfach, es gebe wenig äußere Einflüsse. „Aber man gewöhnt sich an alles“, sagt Dirk Baldenhofer. Der 34-Jährige aus dem Stuttgarter Westen war für ein Jahr als eine Art Entwicklungshelfer in Kenia.

 

Seine Geschichte fängt ein bisschen so an, wie viele andere Lebensläufe auch. Baldenhofer hat erst einmal Jura studiert. Aus Vernunft. „Eine Herzensentscheidung war es nicht.“ Nach vier Jahren im Job war er seines Jobs als Jurist bereits überdrüssig. Einfach weitermachen wollte er nicht. Von da an war er auf der Suche. Nach einer Arbeit, die Sinn ergibt, in der er „Gutes tun“ kann. Ausland war sein erster Gedanke, irgendwo helfen sein zweiter. „Das war dann aber gar nicht so einfach“, erzählt er.

Austauschprogramme in der Entwicklungshilfe für Abiturienten oder Studenten aus den großen Industrieländern gibt es unzählige. „Aber für Juristen ohne Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit ist das schon schwieriger.“ Über die Organisation International Cultural Youth Exchange (ICYE), mit Sitz unter anderem in Berlin, hat es letztlich doch geklappt.

Die Gastfamilie hat ihn wie ein eigenes Mitglied aufgenommen

Sein Zielland: Kenia. „Das war aber eher Zufall.“ Afrika sei aber seine erste Präferenz gewesen. Die Freiwilligenorganisation bot ihm eine Stelle als Assistenzlehrer für Deutschunterricht an der St. Julian Ugari Mixed Secondary School – einer Schule nahe Migori im Südwesten von Kenia, die häufig Freiwillige aus aller Welt aufnimmt. „In meiner einheimischen Gastfamilien war ich schon der 20. Freiwillige“, sagt Baldenhofer. Trotzdem habe er sich gleich wie ein Familienmitglied gefühlt.

Natürlich wollte er nicht nur den Schülern Deutsch beibringen, sondern mehr machen. Ein Basketballfeld war seine Idee. „Das war ziemlich naiv von mir“, sagt er. In der gemischten Internatsschule seien die Zustände teilweise „haarsträubend“ gewesen. „Im Laufe des Jahres wurde es sogar noch schlimmer.“ Die Jungs hätten sich in dem heruntergekommenen Schlafsaal sogar winzige Matratzen teilen müssen. „Da war wirklich Not am Mann.“ Und die Jungs hätten eh lieber Fußball gespielt.

Baldenhofer startete einen Spendenaufruf bei Freunden, Verwandten und Bekannten in Deutschland – etwa 16 500 Euro bekam er zusammen. „Das hat genau gereicht, um zwei Schlafsäle zu bauen.“ Je 180 Schüler haben da jetzt Platz, den Bauprozess hat Baldenhofer sogar teilweise noch über mehrere Monate begleitet. Kurz vor seinem Abflug wurden die neuen Räume fertig. „Jetzt können alle auf einer eigenen Matratze schlafen.“ Genügend Betten fehlten aber immer noch.

Für Baldenhofer ist das Projekt damit aber insgesamt nicht abgeschlossen. „Das war nicht nur eine nette Erfahrung“, sagt er – zurück im Stuttgarter Westen – im Café Moulu. „Im Nachhinein war es der erste Schritt für etwas Neues.“ An der TU München hat er jetzt im Oktober den Masterstudiengang „Land Management and Land Tenure“ begonnen. Inhalt des Studiums ist es, die Ressource Land für eine nachhaltige Entwicklung von städtischen und ländlichen Gebieten besser zu nutzen. „Danach kann ich mit mehr Fachwissen zurückgehen“, hofft Baldenhofer.

Was in Kenia nötig ist – das wissen selbst viele Entwicklungshilfeorganisationen nicht

Natürlich sei das Schöne an seinen Erlebnissen im letzten Jahr, dass es ihm selbst auch so gut getan hat. „Jetzt bin ich irgendwie mit über 30 auf den Trichter gekommen, was ich machen will“, sagt er. Das Leben in einer einheimischen Familie habe ihm aber auch intensiv gezeigt, was in Kenia nötig ist. „Die Entwicklungshilfe ist ein sehr kritisches Arbeitsfeld“, so seine Bilanz. „Die Gefahr ist, dass geschulte Fachkräfte Hilfsleistungen aufdrängen, die gar nicht nötig sind.“ Mit wenig lasse sich viel Schaden anrichten. „Glücklicherweise funktioniert das aber auch sehr gut in die andere Richtung.“ Baldenhofer will deshalb auf jeden Fall weiter arbeiten, am liebsten in Afrika.