Einerseits unterstützt der belarussische Staat die Menschen in den südöstlichen Landesteilen, die am stärksten von der Katastrophe in Tschernobyl betroffen sind. Deswegen zahlt er allen dort beheimateten Kindern einmal im Jahr einen Aufenthalt im Sanatorium. Andererseits ist die Unterstützung der Opfer eine schlechte Werbung für das neue Kernkraftwerk. Pläne der Regierung, die Zuschüsse für das Kindersanatorium zu kürzen, sind zwar inzwischen wieder verworfen worden. Jetzt aber ist Russland, der größte Finanzier des belarussischen Staates, in argen Finanznöten und damit auch Belarus selbst.

 

Genug geredet, Alexander Ruchlja muss wegen seiner hartnäckigen Erkältung zu einem Arzt. Er zieht eine Mütze auf und wickelt sich einen dicken Schal um den Hals. „Wunderschön, oder?“, krächzt er auf der Fahrt über die winterlichen Straßen und deutet auf die schneebepuderten Wälder. Hat er selbst nie daran gedacht, alles hinzuschmeißen? „Was denn?“, fragt er und tut so, als verstünde er nicht, was die Besucherin meint. Ruchlja will sich nicht mit dem Gedanken beschäftigen, dass es Nadeshda eines Tages nicht mehr geben könnte.

Er lenkt seinen Wagen über den Damm, der über einen zugefrorenen See führt. Links und rechts stehen Männer an Löchern im Eis und angeln. Wieder schüttelt Alexander Ruchlja ein Hustenreiz durch. Er räuspert sich. „Nächste Woche angle ich auch wieder“, sagt er. Es wird schon gehen. Irgendwie.