Die alte Flüchtlingsunterkunft in der Patronatstraße in Hemmingen ist in die Jahre gekommen, was sich auch an der Fassade bemerkbar gemacht hatte – die haben Flüchtlinge nun neu gestrichen.

Hemmingen - Wenn sie Deutschland erreichen, haben viele Flüchtlinge Wochen oder Monate der Flucht hinter sich. Hier angekommen, müssen sie zunächst einmal geduldig sein. Bis sie arbeiten dürfen, vergeht mindestens noch einmal so viel Zeit wie auf dem Weg hierhin – Zeit, in denen die Neuankömmlinge kaum etwas tun können als zu warten. In Hemmingen waren einige Flüchtlinge in den vergangenen zwei Wochen allerdings gut beschäftigt – sie haben ihre Unterkunft in der Patronatstraße gestrichen. Die Fassade des Anfang der 1990er Jahre gebauten Gebäudes war in die Jahre gekommen. Die Idee, dass Flüchtlinge dort selbst tätig werden könnten, hatte dann der Bürgermeister Thomas Schäfer.

 

Das, erzählt Schäfer, habe zum einen daran gelegen, dass durch den benachbarten Neubau – ebenfalls eine Flüchtlingsunterkunft, jedoch vom Landkreis – ein Kontrast enstanden war: „Der Gedanke war, das Gebäude aufzuhübschen“, sagt Schäfer. Gleichzeitig sei mit der Aktion die Hoffnung verbunden gewesen, den Flüchtlingen etwas Beschäftigung zu verschaffen – und etwas Spaß. Zwei der freiwilligen Helfer hatten zudem bereits ein Praktikum in einem Malerbetrieb gemacht.

Auch Nachbarn haben geholfen

Die Gemeinde hat dann die Materialien gestellt, der Freundeskreis Flüchtlingshilfe hat alles organisiert. Helga Brehm vom Freundeskreis war jeden Nachmittag mit den freiwilligen Helfern vor Ort. „Ich fand, dass es genau die richtige Idee ist“, sagt Brehm über den Vorstoß vom Bürgermeister. Ehrenamtliche vom Freundeskreis haben den Flüchtlingen von der Idee erzählt – „und wenn einer kommt, kommt der Nächste“, schildert Brehm, wie die Sache ins Rollen kam. Eine Verpflichtung zu streichen gab es nicht, mitgemacht hat, wer Zeit und Lust hatte. Rundherum haben die Freiwilligen gestrichen, sie haben Fenster abgeschliffen und wieder neue Farbe aufgetragen. „Richtig Spaß hat es ihnen bei der Fassade gemacht“, sagt Brehm über die Helfer – vorher musste aber natürlich auch abgeklebt werden. Rund 20 Flüchtlinge leben in der Unterkunft in der Patronatstraße, daneben sind vor einigen Monaten noch einmal etwa 50 Asylbewerber in die Kreisunterkunft eingezogen. Helga Brehm war überrascht, dass auch viele Bewohner des neuen Hauses beim Streichen der alten Unterkunft geholfen haben. Viele, erzählt Brehm, „wollen einfach helfen“.

Überhaupt ist Brehm noch einmal deutlich geworden, was es bedeutet, wie die Flüchtlinge meist zu viert in einem Zimmer zu leben – und dass sie kaum Privatsphäre haben. Alles, sagt Brehm, spiele sich in diesem Zimmer ab – der eine telefoniere, der andere wolle schlafen. Das auszuhalten, bewundert Brehm – „und dann bieten sie mir noch freundlich einen Tee oder sogar etwas zu essen an“.