Die deutsche Nationalelf hat das Testspiel gegen England mit 2:3 verloren. Das Team von Bundestrainer Joachim Löw gab dabei eine 2:0-Führung aus der Hand. Die Tore für das DFB-Team erzielten Toni Kroos und Mario Gomez.

Berlin - Das war noch nicht EM-reif. Auf dem Weg zum Sieg hat Fußball-Weltmeister Deutschland beim 2:3 (1:0) gegen England eine 2:0-Führung verspielt. Vor allem in der Defensive offenbarte das Team von Joachim Löw zum Start in das Europameisterschafts-Jahr zu viele Schwächen.

 

Toni Kroos mit einem raffinierte Weitschuss (43.) und Mario Gomez (57.) mit seinem ersten Tor in der Nationalmannschaft seit fast vier Jahren hatten die Gastgeber vor 71 413 Zuschauern in Führung gebracht. Harry Kane (61.) und der eingewechselte Jamie Vardy mit einem spektakulären Hackentor (74.) glichen für die mutigen und spielstarken Gäste aus, ehe Eric Dier der Siegtreffer (90.+1) gelang. „Es ist ein Stück weit unerklärlich“, meinte Torschütze Gomez. Kapitän Sami Khedira sprach von einer „unnötigen, dummen“ Niederlage. „Das Ergebnis ist natürlich wichtig, sonst können wir alle zuhause bleiben“, meinte Kroos im ZDF.

Die Gastgeber, auf die am kommenden Dienstag in München gegen Italien der nächste Härtetest wartet, starteten schon mit großen Schwierigkeiten. Unmittelbar vor Beginn des 33. Duells mit England versicherte Teammanager Oliver Bierhoff noch, dass die Mannschaft wegen der erhöhten Sicherheitsmaßnahmen nicht beunruhigt sei. Nach einer Schweigeminute für die Opfer der Attentate von Brüssel kam das Team dann nur behäbig ins Spiel. Das Pressing der Engländer bereitete den praktisch in Bestbesetzung angetretenen Löw-Schützlingen vom Anpfiff an Probleme.

Sami Khedira, Kapitän anstelle des verletzten Bastian Schweinsteiger, versuchte im zentralen Mittelfeld das Spiel an sich zu reißen. Zunächst aber brachte die neu formierte deutsche Hintermannschaft mit den Innenverteidigern Mats Hummels und Antonio Rüdiger sowie Jonas Hector auf links und Emre Can auf rechts den Ball nur sehr zögerlich nach vorn. Vor allem Can wirkte auf der noch vakanten Position defensiv nicht immer sicher.

Die Engländer bestimmten anfangs die Partie

Die Engländer bestimmten anfangs, was auf dem Rasen des Berliner Olympiastadions passierte, auf dem sie noch nie verloren haben. Sie attackierten früh und suchten angetrieben vom Liverpooler Adam Lallana und dem erst 19-jährigen Dele Alli immer wieder eine spielerische Lösung, keine Spur mehr von „Kick and rush“.

Ungefährlich blieb Weltmeister Deutschland, der ebenso wie die Engländer noch nicht mit der letzten Konsequenz eines EM-Spiels auftrat, deswegen nicht. Nach einem Fehler der Gäste im Spielaufbau legte Thomas Müller auf Khedira auf. Dessen Schuss lenkte Gary Cahill nach nur drei Minuten zur Ecke. Wie auch einen Kopfball von Gomez zehn Minuten später. Ein Flachschuss von Gomez in der 28. Minute zappelte im Netz, Schiedsrichter Gianluca Rocchi entschied allerdings auf Abseits.

Beim Treffer von Kroos kurz vor der Pause gab es keine Einwände. Einen schwachen Abschlag des zuvor bereits angeschlagenen England-Keepers Jack Butland fing Mesut Özil ab, Khedira leitete weiter zu Kroos. Und der Mann von Real Madrid, der mit jeder Minute mehr und mehr das Spiel der deutschen Mannschaft lenkte, hämmerte den Ball aus 20 Metern ins Torwarteck. Danach war die Partie für Butland gelaufen, er musste verletzt vom Platz getragen werden, für ihn kam Fraser Forster.

Löw nahm zur Pause den ersten Wechsel vor und brachte Jonathan Tah für Hummels, das EM-Casting ging weiter: Der Manndecker von Bayer Leverkusen ist der 78. Neuling unter dem Weltmeister-Coach. Die Innenverteidigung mit Tah und Rüdiger hatte dann allerdings ihre Probleme. Beruhigung brachte auch das erste Tor von Gomez nach fast vier Jahren nicht, als er eine Hereingabe von Khedira in perfekter Mittelstürmer-Manier einköpfte.

Die deutsche Mannschaft verspielte ihre 2:0-Führung in weniger als einer Viertelstunde. Konnte Neuer gegen den starken Alli noch zweimal klären, war er gegen Kane und das spektakuläre Hackentor - von Vardy machtlos. Danach drängten die Engländer sogar auf den Siegtreffer, nach einem Fehler von Khedira verzog Alli aber auf Vorlage von Vardy eine hundertprozentige Chance (84.). Dier machte es besser.

Die Fußball-Nationalmannschaft in der Einzelkritik

Manuel Neuer: Am Vorabend seines 30. Geburtstags bei allen Gegentoren machtlos. Zwei starke Paraden bei Schüssen von Alli (52./69.).

Emre Can: Der Liverpooler ist hinten rechts kaum die Lösung. Rettete gut gegen Welbeck (38.). Ein böser Abwehrfehler blieb folgenlos (55.).

Antonio Rüdiger: Robuster Beginn im Abwehrzentrum. Der junge Römer eröffnete gradlinig das Spiel. Mit Neuling Tah an der Seite nicht mehr sicher.

Mats Hummels: Der Dortmunder ist hinten unverzichtbar. Leitete Chance von Gomez ein (45.+2). Zur Pause raus. Ohne ihn brach die Abwehr ein.

Jonas Hector: An der Seite von Hummels agierte der Linksverteidiger noch souverän. Bei den Gegentoren der Engländer nicht auf der Höhe.

Sami Khedira: Nach Schweinsteigers Ausfall bekam er die Kapitänsbinde. Setzte offensiv Akzente, etwa bei der Flanke zum Gomez-Treffer.

Toni Kroos: Ballverteiler, Gestalter und Torschütze: Sein Schuss mit links schlug im kurzen Eck ein (43.). Nach der Pause baute er stark ab.

Thomas Müller: Der Münchner nahm sich eine Länderspielpause. Setzte auf dem rechten Flügel kaum Akzente, unauffällig und ungefährlich wie selten.

Mesut Özil: Der Arsenal-Profi fing den Ball vor dem 1:0 ab, bediente Torschütze Kroos. Beim Anschlusstor ließ er sich ausspielen.

Marco Reus: Sein Können ließ der Dortmunder nur sehr dosiert aufblitzen. Ein gefährlicher Freistoß (50.), nach einer Stunde ausgewechselt.

Mario Gomez: Pech für den Stürmer, dass sein erstes Tor nicht anerkannt wurde (27.). Ganz stark sein Kopfballtor (57.). Gute EM-Empfehlung.

Jonathan Tah: Der Leverkusener feierte ein unglückliches Länderspieldebüt. Konnte die englischen Stürmer nicht stoppen. Muss noch viel lernen.

André Schürrle: Der Wolfsburger kam zu seinem 50. Länderspiel. Übersprungen beim entscheidenden Kopfball von Dier in der Nachspielzeit.

Lukas Podolski: Kam nach dem 2:2-Ausgleich ins Spiel. Der Routinier fiel nicht auf.

Mario Götze: In der Schlussphase für Gomez eingewechselt. Ohne große Aktion. Darf sich am Dienstag dann gegen Italien beweisen.