Am 25. April bekommt Michael Krebs den baden-württembergischen Kleinkunstpreis verliehen. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum man den Entertainer gesehen haben sollte. An drei Abenden tritt er im Renitenztheater auf.

Lokales: Tom Hörner (hör)

Stuttgart - Natürlich ist das Plakat zu seiner neuen Tour „Jubiläumskonzert“ ein Hingucker. Michael Krebs, gelernter Jazzpianist, famoser Songschreiber, nimmt ein Schaumbad. In einem Flügel. Außer einem neckischen Hütchen trägt Krebs vermutlich nichts. In der Hand hält er ein Glas, es scheint was Hochprozentiges zu sein. Die Idee zu dem Foto habe er selbst gehabt, sagt Krebs. „Weil die Stimme im Flügel baden muss. Wenn alles gut ist, umfließt dich der Sound des Instruments. Auch das Publikum badet dann im Flügel.“ Schaut ganz so aus, als sei die Wanne nicht nur ein Gag, sondern habe Tiefgang.

 

Als Bademeister auf Deutschlandtour

Im Grunde genommen ist der Musiker Michael Krebs, 42, also derzeit als Bademeister auf Deutschlandtour. Wer aus dem Plakat den Schluss zieht, dass es dabei auch was zu lachen gibt, liegt nicht ganz falsch. Krebs, im hohenlohischen Flecken Neu-Kupfer bei Schwäbisch Hall aufgewachsen, nennt sich Musikkabarettist. Aber eigentlich mag er es nicht, in irgendwelche Schubladen gesteckt zu werden. Außerdem sollte man sich von Krebs’ heller, wohlklingender Gesangsstimme nicht täuschen lassen. Der Kerl hat bitterböse Songs auf Lager, die schon vom Titel her („Ficken für den Frieden“) nicht Gefahr laufen, dass ein Radiosender sie spielt.

Im Vorprogramm der Rappers Alligatoah

Krebs stand beim Wacken Open Air, einem gigantischen Heavy-Metal-Festival in der schleswig-holsteinischen Provinz, auf der Bühne; er wurde von den Münchner Kammerphilharmonikern bei der Hymne „Wir hatten keine Chance“ getragen, der saukomischen Abrechnung eines jungen Mannes, der die bittere Erfahrung machen musste, dass sein Vater sein leiblicher Vater ist. Neulich trat der Entertainer im Vorprogramm des deutschen Rappers Alligatoah auf. Nicht unbedingt das typische Kabarettpublikum, oder? „Stimmt“, sagt Krebs, „aber den Leuten ist es egal, wer da auf der Bühne steht. Entscheidend für die ist nur: ,Gefällt es mir oder nicht.‘“ Offenbar gefiel Krebs.

Mann mit vielen Talenten

Der Entertainer aus dem Schwäbischen ist ein Mann mit vielen Talenten. Das wurde ihm in jungen Jahren klar, als er zusammen mit seiner Schwester zu Weihnachten Schlager für die Eltern einspielte. „Da waren wir wahnsinnig gut. Das hat uns im Nachhinein selbst regelrecht erschreckt.“ Wer den schlanken Klaviervirtuosen und feinsinnigen Texter einmal auf der Bühne erlebt hat – ganz gleich, ob bei einem Solo-Auftritt oder mit seiner Zweimannband Die Pommesgabeln des Teufels –, der weiß: Tief im Herzen des Michael Krebs trommelt es schwermetallen. Er liebe Hardrock, sagt er, diese Energie, diese Leidenschaft. „Heavy Metal ist auch wunderbar, um seine Aggressionen auszuleben. Wo soll man sonst damit hin in einer zivilisierten Gesellschaft?“

„Schwabenhass erlebe ich nicht“

Womöglich hat die Hardrock-Leidenschaft auch mit seinen Wurzeln zu tun. Michael Krebs wuchs auf dem Land auf, behütet. Das war ein schönes Leben, „aber mit der Pubertät wurde es blöd“. Nur drei, vier Busse am Tag, die einen ins zwölf Kilometer entfernte Schwäbisch Hall brachten. Da sehnt man sich spätestens mit 14 danach, dass man bald 18 wird. Als er flügge wurde, zog Krebs nach Hamburg, versuchte sich als Lehramtsstudent, brach ab, studierte Jazz. Nach 16 Jahren Hansestadt lebt er heute in Berlin. Die Stadt entwickle sich wahnsinnig schnell, sagt er, sei ein guter Platz für Leute, die Ideen hätten. Noch seien die Mieten bezahlbar. Und wie steht’s mit dem viel zitierten Schwabenhass? „Den erlebe ich nicht“, sagt Krebs. Im Grunde gehe es auch nicht um einen bestimmten Volksstamm, sondern um Leute, die von außen kommen und sich für viel Geld in Viertel einkaufen, also auch gegen Hessen.

„Das Tolle an Trump ist, wie selbstbesoffen er ist“

Neulich wurde Michael Krebs in einem Kurzinterview fürs SWR-Fernsehen gefragt, mit wem er gern mal an einem Tisch sitzen würde. „Mit Donald Trump“, entfuhr es ihm. Ist da der Schalk mit ihm durchgegangen? „Nein,“ sagt Krebs, „das Tolle an Trump ist, wie selbstbesoffen und ohne Manieren der Kerl auftritt.“ Ganz anders als viele Politiker würde der nicht im Ansatz versuchen, seine Absichten zu verschleiern. Böte das nicht Stoff für einen Song? Als Songschreiber, sagt Michael Krebs, bist du zu langsam, um auf Tagespolitik reagieren zu können. Aber genau genommen habe er schon einen Beitrag zum Thema geleistet, lange vor Trumps Wahlsieg. „Lolologik“ aus dem aktuellen Album „An mir liegt’s nicht“ handelt von Leuten, die das Denken eingestellt haben und nur noch auf den Bauch hören.

„Früher brauchte ich Preise, um die Miete zahlen zu können“

Wir wissen nicht, auf was die Juroren gehört haben, als sie Krebs den baden-württembergischen Kleinkunstpreises 2017 zusprachen. Den hat er schon einmal bekommen, damals als Nachwuchskünstler, am 25. April wird ihm in Biberach der Hauptpreis verliehen. „Früher“, sagt Krebs, „habe ich die Preise gebraucht, um meine Miete zahlen zu können. Aber seit zwölf Jahren lebe ich von einem Beruf, von dem man eigentlich nicht leben kann.“ Und dann erzählt er die Anekdote, wie er beim Besuch der Eltern in Neu-Kupfer von einem Nachbarn gefragt wurde, ob er eigentlich immer noch Musik mache. „Ja“, antwortete Krebs. „Na gut“, sagte der Mann, „solang’s der Vater zahlt.“

Michael Krebs gastiert von Donnerstag, 16. Februar, bis Samstag, 18. Februar, im Renitenztheater. Am ersten Abend tritt er bei Thomas Fröschles „Froggy Night“ auf. An den anderen Abenden zeigt er sein Soloprogramm „Jubiläumskonzert“.