Das Ludwigsburger Amtsgericht will im Dezember endgültig entscheiden, ob die entführte Lara an ihren Vater übergeben wird. Der kämpft derweil in Polen darum, seine Tochter mit nach Deutschland nehmen zu können – wobei die Lage eskaliert.

Ditzingen - Der Fall der entführten Lara aus Ditzingen ist nicht nur eine Familientragödie, er ist mittlerweile auch ein Justizdrama – das immer mehr Kapitel bekommt. Wie das Amtsgericht Ludwigsburg nun mitteilt, werden alle Beteiligten im Dezember zu einem neuen Termin geladen. Dabei soll entschieden werden, ob Lara an ihren Vater Thomas Karzelek übergeben wird.

 

Laut Ulf Hiestermann, dem Sprecher des Amtsgerichts, soll am 12. Dezember eine endgültige Entscheidung gefällt werden. Bislang gibt es nur einen einstweiligen Beschluss aus dem Jahr 2014, wonach Joanna S., die Mutter von Lara, das Kind an Thomas Karzelek herausgeben muss. Dieser hat das alleinige Sorgerecht – was aber nicht gleichbedeutend damit ist, dass ihm Lara auch ausgehändigt werden muss. Dafür sei allein das Kindeswohl maßgeblich, erklärt Hiestermann. Und das muss in Ludwigsburg von Experten geprüft werden. Erst dann fällt ein dauerhafter Beschluss.

Am 12. Dezember will das Ludwigsburger Gericht verhandeln

Erste Dokumente hätten der Mutter in Polen in den vergangenen Tagen förmlich zugestellt werden können, sagt Hiestermann. Joanna S. werde für den Termin im Dezember auch geladen. Ob die Mutter, die ihre Tochter mithilfe von Komplizen 2014 nach Polen verschleppt hat, tatsächlich vor Gericht erscheint, ist ungewiss.

Während in Deutschland ein neuer Prozesstermin vorbereitet wird, versucht Thomas Karzelek im polnischen Legnica, seine Tochter zu sich zu nehmen. Ende April hatte die polnische Polizei das Kind nach zweieinhalbjähriger Suche in einer Wohnung in der Stadt in Niederschlesien gefunden. Seither versucht Karzelek, seine Tochter nach Deutschland zu holen – wobei sich die Lage immer mehr zuspitzt.

Am Freitag sei die Situation eskaliert, berichtet der 46-Jährige. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen die polnische Polizei: diese habe ihm seine Tochter „gewaltsam aus den Händen gerissen“. „Eine Straftat“, meint Karzelek. Eigentlich habe er zusammen mit den Beamten Lara von jener Adresse abholen wollen, wo sich die Siebenjährige und ihre Mutter aufhielten. Dabei habe er zugestimmt, das Mädchen zunächst in ein Kinderheim zu bringen. Doch die Direktorin habe nach langer Debatte die Aufnahme verweigert. Als beteiligte Mitarbeiterinnen des Gerichts Lara schließlich eindringlich gefragt hätten, ob sie mit dem Vater gehen wolle, sei Lara „hysterisch“ geworden und habe „angefangen zu schreien“. Darauf hätten die Polizisten ihn aufgefordert, seine Tochter loszulassen. Als er das nicht getan habe, hätten die Beamten seinen Arm verdreht und ihm das Kind „entrissen“, sagt Karzelek.

Lara sei von der Polizei zusammen mit ihrer Mutter „an eine für mich unbekannte Adresse" gefahren worden. „Das, was hier passiert, hat mit Rechtsstaat nichts zu tun“, schreibt Karzelek in einer E-Mail an die deutschen Vertretungen in Polen und an das Auswärtige Amt in Berlin. Die polnischen Behörden waren am Montag auch auf vielfachen Versuch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

In Polen eskaliert die Situation, als der Vater Lara holen will

Die Rechtslage ist in dem osteuropäischen Land kompliziert: Vor gut acht Wochen hatte das Amtsgericht Legnica entschieden, Lara wieder zu ihrer Mutter zu geben – und damit zu der Frau, die das Mädchen schon zweimal entführt hatte. Beim zweiten Mal, im Jahr 2014, überfiel sie mit einem Komplizen die neue Lebensgefährtin von Thomas Karzelek in Ditzingen und flüchtete mit Lara nach Polen. Dafür wurde sie 2015 zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Als die Juristin im vergangenen Jahr nach Polen überstellt wurde, kam sie auf Bewährung frei.

Das Urteil des Amtsgerichts stand im krassen Widerspruch zur deutschen Rechtssprechung. Denn das alleinige Sorgerecht erlaubt dem Vater Thomas Karzelek, über den Aufenthaltsort seiner Tochter zu bestimmen. Einer EU-Verordnung sieht vor, den Beschluss der Ludwigsburger Richter auch in Polen umzusetzen.

Mittlerweile ist das umstrittene Urteil wieder aufgehoben, ein Bezirksgericht hat den Beschluss in der vergangenen Woche kassiert – was den Vater den neuerlichen Versuch unternehmen ließ, seine Tochter zu holen. Am späten Montagabend hat er dabei offenbar einen weiteren Rückschlag erlitten: „Lara ist weg“, schreibt Thomas Karzelek in einer SMS. Die Mutter sei mit der Siebenjährigen erneut untergetaucht.