Bahn weist Vorwürfe wegen Fehlern durch Stuttgart 21 als spekulativ und unverantwortlich zurück. Das Eisenbahnbundesamt will bei seiner Untersuchung auch das ähnliche Unglück von Ende Juli miteinbeziehen.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Auch am Montag sind mehrere tausend Fahrgäste von den Folgen der Zugentgleisung am Stuttgarter Hauptbahnhof betroffen gewesen. Drei Linien des Regionalverkehrs und zwei des Fernverkehrs endeten und begannen in anderen Bahnhöfen oder wurden an Stuttgart vorbei geleitet. Elf der 16 Gleise im Hauptbahnhof sind wieder in Betrieb gewesen, die Reparaturarbeiten werden laut Bahn auf jeden Fall noch diese Woche andauern.

 

Unterdessen sieht sich der Schienenkonzern nach der anhaltenden Unfallserie im Gleisvorfeld heftiger Kritik ausgesetzt. Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) äußerte die Vermutung, dass die Zugentgleisungen auf Bauarbeiten für Stuttgart 21 zurückzuführen seien. Es könne sich „nicht um Zufall handeln“, dass in kurzer Zeit der gleiche Zug an der selben Stelle entgleist sei, so Winfried Hermann. Der Verkehrsminister hält für plausibel, dass wegen der für den Bahnhofsumbau notwendigen Verkürzung des Gleisvorfelds zum Teil Kurvenradien gewählt wurden, die bei ungünstigen Bedingungen zu solchen Entgleisungen führen könnten.

Waggons und die Lok sind mittlerweile aus dem Vorfeld geräumt

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) wirft der Bahn vor, für Stuttgart 21 die Sicherheit der Kunden aufs Spiel zu setzen. Nach fünf Zugentgleisungen und weiteren Pannen seit Beginn der Bauarbeiten müsse man inzwischen feststellen, „dass Zuverlässigkeit und Sicherheit nicht mehr gewährleistet sind“, sagte der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb.

In der Nacht zum Montag wurde der zweite der beiden entgleisten Zugwaggons des IC 2312 Stuttgart-Hamburg wieder in die Schienen gesetzt und mit der Schublok, die auch aus den Gleisen gesprungen war, abgestellt. Wie berichtet, sind bei dem Unfall am Samstag sieben Menschen leicht verletzt worden. Erst Ende Juli waren an der Stelle von Gleis 10 zwei Waggons und die Schublok der selben Verbindung aus den Schienen gesprungen.

Bahn: VCD-Aussagen sind „verantwortungslos“

Ein Bahnsprecher bezeichnete die Äußerungen zur Unfallursache und dem „scheinbar ähnlichen Unfall im Juli“ als „spekulativ“, es sei noch keine Aussage möglich. Die Spekulationen des VCD seien „verantwortungslos“.

Ähnlich äußerte sich auf Anfrage auch das Eisenbahnbundesamt (Eba), das den Umbau des Gleisvorfelds genehmigt und auch abgenommen hat. Gesicherte Erkenntnisse lägen noch nicht vor. Auch der Vorfall vom Juli sei noch nicht abschließend geklärt. Man werde bei den Untersuchungen „die Parallelen der beiden Vorfälle würdigen“, so ein Eba-Sprecher. Er machte deutlich, dass der Gleisumbau „den Vorgaben der Eisenbahnbau- und Betriebsordnung“ entsprochen habe. Gegenwärtig lasse sich noch nicht sagen, ob das Eba in dem vorliegenden Fall Sicherheitsempfehlungen geben oder Veränderungsmaßnahmen anordnen werde.

Der Bahnexperte Felix Berschin, der bei der Stuttgart-21-Schlichtung für die Projektgegner vertreten war, forderte angesichts der „deutlichen Häufung“ von Unfällen vom Eba eine „Anordnung auf Verdacht“. Auf der Linie dürften bei längeren Zügen vorerst keine Schubloks mehr eingesetzt werden, diese seien bei dieser Gleisführung das Problem.