Ein entlassener DHL-Zusteller entschuldigt sich bei verärgerten Kunden, kritisiert zugleich aber die Umstände, unter denen er arbeiten musste. Die Deutsche Post und deren Kooperationspartner widersprechen seinen Vorwürfen.

Vaihingen/Kaltental - In Ungarn ist Dániel Loboda Polizist gewesen. Weil die finanziellen und sozialen Umstände trotz des Jobs dennoch schwierig waren, ist er nach Deutschland gekommen. In der Hoffnung, sich ein besseres Leben aufbauen und seine Mutter in der Heimat unterstützen zu können. Ehre und Stolz seien ihm überaus wichtig, sagt der 24-Jährige. Er sagt es auf Ungarisch, denn auf Deutsch kann er sich nur schlecht verständigen. Eine Dolmetscherin übersetzt seine Worte. Als er von dem Zeitungsbericht über ihn erfahren habe, sei es ihm ein großes Bedürfnis gewesen, seine Sicht zu erzählen, sagt er.

 

Beschwerde einer Kundin aus Kaltental

Die Filder-Zeitung hatte am 15. Januar über den Ärger einer DHL-Kundin aus Kaltental berichtet. Ihr Vorwurf: Der Zusteller habe fehlgeschlagene Zustellversuche nur vorgegeben; sie sei jeweils zu Hause gewesen und er habe gar nicht geklingelt. Nachbarn berichteten ihr zudem von einfach vor dem Haus abgelegten Paketen, teils auch vor der falschen Adresse. In der Folge ist Dániel Loboda entlassen worden.

Am 6. Dezember 2013 hat der 24-Jährige mit seiner Tätigkeit als DHL-Zusteller angefangen. „Ich habe keine Einweisung bekommen, man hat mir einfach den Scanner in die Hand gedrückt und gesagt: du wirst den Umgang schon lernen“, sagt er. Einige Tage sei ein Kollege dabei gewesen, doch dieser habe kaum Zeit gehabt, ihm etwas zu erklären. Jeden Tag um 7 Uhr sei er in das DHL-Zentrallager in Vaihingen gegangen und habe Pakete eingeladen, an manchen Tagen bis zu 350 Stück. Dann habe er die Pakete ausgefahren – so lange bis alle ausgeliefert waren, meist bis 19 Uhr abends, manchmal auch länger.

Pause können die Fahrer wegen Zeitdrucks nicht machen

Die Zeit, Pausen zu machen, habe es nicht gegeben. „Fast alle Fahrer haben Flaschen dabei, in die sie hineinpinkeln“, erzählt er. Ihm sei außerdem aufgefallen, dass der Tüv seines Fahrzeugs einen Monat vor seinem Arbeitsbeginn abgelaufen sei. Er habe keinen Arbeitsvertrag bekommen und keine Information, wie viel Geld er verdienen werde, sondern sei auf später vertröstet worden, berichtet er.

Am 13. Januar hat Loboda von der Entlassung und dem Hausverbot erfahren. „Ich wusste nicht, warum“, sagt er. Seinen Lohn habe er bisher nicht bekommen. Der 24-Jährige fühlt sich betrogen. In seiner Verzweiflung habe er sich an die Polizei gewandt, an das Arbeitsamt und das Hauptzollamt. Von der Polizei bekam er die Empfehlung, sich einen Anwalt zu nehmen, das Hauptzollamt versprach, dem nachzugehen. „Ich verstehe das nicht. Wie kann es sein, dass ich ohne Arbeitsvertrag arbeiten musste, ohne eingelernt zu werden, ohne Lohn zu bekommen?“, fragt er.

Nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet

Er wolle sich bei den betroffenen Kunden entschuldigen, sagt er. „Ich bin nicht nachlässig oder schlampig. Ich habe mich bemüht, nach bestem Wissen und Gewissen zu arbeiten. Aber unter diesen Umständen, war es mir nicht anders möglich.“

Auf Nachfrage teilt die DHL mit, dass Loboda nicht für sie, sondern für einen Kooperationspartner tätig gewesen sei. Mit diesem arbeite man schon seit Jahren gut zusammen, so Hugo Gimber, ein Sprecher der Deutschen Post DHL. „Für die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten und die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sind unsere Servicepartner verantwortlich. Vorwürfe gegen diesen Partner, wie sie Herr Loboda erhebt, gab es bisher nicht“, sagt er. Laut dem Sprecher bestätigt der Kooperationspartner, dass Loboda „wegen des Weihnachtsgeschäfts nicht gleich einen schriftlichen Arbeitsvertrag bekommen hat, das sollte später nachgeholt werden“. Er sei aber ordnungsgemäß angemeldet worden.

DHL-Servicepartner widerspricht den Vorwürfen

Den geschilderten Arbeitsbedingungen widerspricht der DHL-Servicepartner. Loboda habe durchschnittlich 162 Pakete pro Arbeitstag zugestellt, dies zeigten die Tagesberichte. Zudem sei er zehn Tage lang durch einen ungarischen Landsmann eingelernt und ausgebildet worden. „Danach waren sich beide Mitarbeiter einig, dass Herr Loboda allein auf Zustelltour gehen kann“, so der Kooperationspartner.

Strafanzeige wegen Urkundenfälschung

Der Tüv sei tatsächlich im November abgelaufen. Aufgrund des Weihnachtsgeschäfts „war im Dezember keine Zeit für die Hauptuntersuchung, sie sollte im Januar nachgeholt werden“. Dies sei gesetzlich gestattet. Das Hausverbot sei ausgesprochen worden, weil Loboda in 13 Fällen selbst auf dem Scanner unterschrieben und damit gegen strafrechtliche Bestimmungen verstoßen habe. Man habe eine Strafanzeige gegen ihn wegen Urkundenfälschung gestellt. Zudem bestehe der Verdacht auf Diebstahl. Den Lohn habe man einbehalten, um den Schaden in Grenzen zu halten. „Bisher liegen schon Regressforderungen wegen nicht ordnungsgemäß ausgelieferter Pakete in Höhe von 800 Euro vor“, sagt der DHL-Servicepartner.

Dániel Loboda verwahrt sich dagegen: „Ich habe keine Straftat begangen“, sagt der ehemalige Polizist.