Mit großen Hoffnungen war Markus Weinzierl im Oktober beim VfB Stuttgart angetreten, tief enttäuscht muss er nach dem 0:6:-Debakel gegen den FC Augsburg schon wieder seinen Platz für Nico Willig räumen. Auch wenn ihn nicht die Hauptschuld für die Misere trifft, trägt er zumindest einen Teil der Verantwortung.

Sport: Gregor Preiß (gp)

Stuttgart - Nach nur 23 Spielen ist Markus Weinzierl beim VfB Stuttgart schon wieder Geschichte. Das sind die Gründe für sein Scheitern.

 

Keine Punkte: 15 Niederlagen in 23 Spielen, nur 0,7 Punkte im Schnitt – das ist die Bilanz eines Absteigers. Und die schlechteste, die ein VfB-Trainer je hatte (gemeinsam mit Armin Veh bei dessen zweitem Engagement in Stuttgart 2014). „Markus Weinzierl ist ein Riesen-Typ, aber auch er braucht Punkte“, sagte Präsident Wolfgang Dietrich noch vor einigen Wochen. Davon waren es letztlich viel zu wenige. Vor allem aus dem vergleichsweise einfachen Auftaktprogramm der Rückrunde mit den Spielen gegen den 1. FSV Mainz 05, SC Freiburg und Fortuna Düsseldorf. Damals konnte sich Weinzierl noch retten, die jüngsten Auftritte und vor allem die Punkteausbeute (Unentschieden gegen Nürnberg, Pleite in Augsburg) ließen Sportvorstand Thomas Hitzlsperger die Reißleine ziehen. Er hätte die Sache mit Weinzierl gerne bis zum Saisonende durchgezogen. Doch der Blick auf die Tabelle und der schmachvolle Auftritt am Samstag ließen ihm keine andere Wahl mehr.

Keine Spielidee: Weinzierl schien zuletzt auf einem guten Weg, das passende System für seine Spieler und eine Balance aus Offensive und Defensive gefunden zu haben. Seit der Entlassung von Sportchef Michael Reschke im Februar und dem Spiel gegen RB Leipzig (1:3) agierte er meist mit derselben Mannschaft und derselben taktischen Ordnung. Es gab Fortschritte. Bis zur Halbzeitpause beim Spiel in Frankfurt (0:3). Das Gegentor unmittelbar vor dem Pausenpfiff warf den VfB aus der Bahn, die Mannschaft fand fortan nicht mehr in die Spur zurück. In Augsburg fiel sie völlig auseinander. Unterm Strich verpufften in Weinzierls Amtszeit zu viele taktische und personelle Wechsel. Von seinem Ansatz – schnelles Umschaltspiel über außen – war bis zuletzt wenig zu erkennen. Genauso wenig wie einstudierte Spielzüge, Laufwege oder Standards. Zu oft lief der Ball nur quer oder zurück, insgesamt blieb zu Vieles Stückwerk.

Lesen Sie hier die Analyse zum Debakel in Augsburg

Kein Teamgeist: Auch wenn es Kapitän Christian Gentner immer wieder bestreitet: Die Mannschaft ist in Grüppchen zerfallen. Die logische Konsequenz aus anhaltendem Misserfolg gepaart mit schwierigen Charakteren wie Pablo Maffeo oder Anastasios Donis. Ein echtes Team, in dem sich keiner zu schade ist, Fehler des anderen auszubügeln, stand für den VfB nur selten auf dem Platz. Dies allein Weinzierl anzulasten, greift zu kurz. Die Zusammensetzung der Mannschaft passt einfach nicht. Letztlich trägt der 44-Jährige als Cheftrainer aber die Verantwortung für den aktuellen Zustand seines Teams. Er verstand es während seiner sechsmonatigen Amtszeit nicht, die Spieler zu einer Einheit zu formen.

Keine Aufbruchstimmung: Weder nach innen noch nach außen vermochte der Bayer Aufbruchstimmung zu vermitteln. Einerseits wurde seine ruhige und sachliche Art von vielen geschätzt. Andererseits wirkte der Straubinger merklich distanziert – und das, obwohl er den Club ins Herz geschlossen hat, wie es immer wieder heißt. Nach dem Aus von Michael Reschke blühte er in der neuen Zusammenarbeit mit Thomas Hitzlsperger kurz auf, wirklich mitreißende Auftritte von ihm bleiben bis auf seine Wutrede vor dem Augsburg-Spiel nicht in Erinnerung. So impulsiv er noch zu Augsburger Zeiten während der Spiele an der Seitenlinie herum tigerte, so bedrückt wirkte er häufig auf der VfB-Bank.

Kein erfüllter Stürmerwunsch: Die Winterpause sollte die Wende zum Guten markieren. Mit Steven Zuber und Alexander Esswein kamen zwei schnelle Angreifer, die für Weinzierls eigentliche Spielidee (siehe oben) stehen. Sein Wunsch nach einem weiteren Stoßstürmer ging aber nicht in Erfüllung. Stattdessen verpflichtete Reschke den Abwehrspieler Ozan Kabak. Der Türke schlug zwar voll ein, löste aber das Hauptproblem nicht: Mario Gomez trifft das Tor nicht mehr, Nicolas Gonzalez ist von der Bundesligareife weit entfernt, Chadrac Akolo und Anastasios Donis haben sich nie als Alternative aufgedrängt. Die letzten Spiele waren für den gesamten VfB-Sturm ein Armutszeugnis. Sollte die Mannschaft am Ende tatsächlich absteigen, dann vor allem deshalb, weil sie keine Tore schießt.