Die Stadt hat einen neuen Bebauungsplan für den Rosensteintunnel in Stuttgart vorgestellt. Die betroffenen Bezirksräte haben zugestimmt.  

Stuttgart - Das Reizthema Rosensteintunnel geht in eine neue Runde: Die Bezirksbeiräte Mitte, Nord, Ost, Bad Cannstatt, Zuffenhausen und Feuerbach haben den Auslegungsbeschluss für den neuen Bebauungsplanentwurf am Donnerstagabend auf einer gemeinsamen Sitzung im Bürgerhaus Rot nach kontroverser Debatte mit 31 zu 28 Stimmen gebilligt.

 

Am nächsten Dienstag entscheidet der Gemeinderat über den zweiten Entwurf für das umstrittene Verkehrsprojekt. Gegen die zurückgezogenen Pläne hatte es 660 Einsprüche von Bürgern gegeben.

Die Befürworter hoben die Chance zur Verkehrsentlastung in Wohngebieten hervor. "Wir brauchen den Rosensteintunnel", hieß es aus dem Bezirksbeirat Bad Cannstatt. Ein Kritiker aus dem Osten nannte den umstrittenen Tunnelbau hingegen ein "Projekt aus dem vergangenen Jahrtausend".

Die Stadt hat den Bebauungsplan für den fast 200 Millionen Euro teuren Rosensteintunnel in den vergangenen Monaten überarbeitet. Die alte Vorlage enthielt laut Kommune zu hohe Prognosen über den Zuwachs des Lastwagenverkehrs. Der neue Entwurf geht von weniger Schwerverkehr zwischen der B 10/27 in Zuffenhausen und der B 10 im Stuttgarter Osten hinter dem Leuzebad aus. So sollen in Zuffenhausen laut der neuen Prognose "Planfall 2020" nach dem Tunnelbau täglich nur noch 8300 Lastwagen unterwegs sein - bei Auslegung des ersten Bebauungsplans waren es noch 14 100. Auch im Bereich der Heilbronner Straße in Feuerbach wird ein von 14 800 auf 9600 Fahrzeuge gesunkener Schwerverkehrsanteil vorausgesagt. Die bisher verwendeten Zahlen hätten "deutlich überzeichnete Größenordnungen" aufgewiesen. Ein weiterer Anlass für die erneute Auslegung seien die vielen "Anregungen" von Bürgern gewesen.

Baubürgermeister plädiert für Tempolimits auf B 10 und B 27

Aus Sicht der Stadt sollen die beiden Tunnelröhren "einen Engpass im Stuttgarter Hauptverkehrstraßennetz beseitigen". Die sich mit Pragtunnel und ausgebauter Heilbronner Straße ergebende Leistungssteigerung biete die Chance, Schleichverkehr durch angrenzende Stadtgebiete auf der neuen Tunneltrasse zu konzentrieren. Dadurch verringerten sich in Bad Cannstatt in der Prag- und Schönestraße sowie in der Neckarvorstadt die Lärmpegel und Schadstoffwerte. Wohngebiete in Zuffenhausen, Mitte und Ost seien allerdings "von hohen Luftschadstoff- und Lärmimmissionen betroffen".

Dazu zählen neben Freiflächen im Stadtbezirk Ost auch die Wohnbereiche an der Pragstraße beim Löwentor, wo der Jahresgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) von 40 Mikrogramm je Kubikmeter Luft bereits heute deutlich überschritten ist. Laut Vorlage führt der Bau des Rosensteintunnels in diesen Gebieten "zu zusätzlichen Schadstoffimmissionen von bis zu 18 Mikrogramm NO2". In Zuffenhausen verursacht der Tunnel in Bereichen, in denen der NO2-Jahresgrenzwert bereits überschritten sei, ebenfalls mehr dicke Luft. "Die projektbedingten zusätzlichen Luftschadstoffe sind aber mit ein bis zwei Mikrogramm NO2 gering", heißt es in der Vorlage. Baubürgermeister Matthias Hahn sagte zu, dass er sich für Tempolimits auf der B 10/27 einsetzen werde: "Ich habe dort kein Problem mit Tempo 60."

Die Bürgerinitiative Schutzgemeinschaft Krailenshalde in Zuffenhausen vermutet, dass die Stadt die Lastwagenzahlen nach unten korrigiert hat, um nicht noch höhere Schadstoffwerte einräumen zu müssen. Ein Lastwagen stoße so viel Stickoxide wie zehn Personenwagen aus. "Die Stadt hat aber die Pflicht, Grenzwerte einzuhalten und nicht noch mehr gesundheitsgefährliche Schadstoffe draufzusatteln", kritisierte Annemarie Raab, die Vorsitzende der Schutzgemeinschaft. Der Tunnelbau führe auf der mitten durch den Stadtbezirk verlaufenden B 10/27 zu einem Zuwachs von fast 30 000 auf 90 000 Fahrzeuge am Tag. "Erfreulich ist nur, dass die Stadt den Rosensteintunnel nicht mehr als Maßnahme zur Luftreinhaltung anpreist."

Die Röhren

Südportal Der südliche Ausgang des 1100 Meter langen Rosensteintunnels soll auf Höhe des Elefantenstegs oberhalb der heutigen Stadtbahnhaltestelle Wilhelma liegen, die vor den Eingang des Zoos verlegt wird. Von dort aus sind die vier Fahrspuren mit der B10 verbunden. Im Norden liegt die Tunneleinfahrt auf Höhe der heutigen Haltestelle Rosensteinpark.

Verkehrsaufkommen Von 2015 an sollen täglich 67.000 Fahrzeuge - 20.000 mehr, als heute in der Pragstraße - durch die Röhren rollen. Um das hohe Verkehrsaufkommen zu entflechten, sind im Bereich Schwanen-/Berger Tunnel neue Verkehrsführungen geplant. Laut Stadt verringert sich die Verkehrsbelastung in der Pragstraße. Die Kritiker weisen hingegen auf erhebliche Zuwächse in Zuffenhausen und im Osten hin.