Sandra Baumeister gab ihren Lehrer-Beruf an der Internationalen Schule in Stuttgart auf und gründete in Namibia eine Taschenmanufaktur, um Entwicklungshilfe zu leisten. Ihr Label heißt Myeisha is Love. Es ist ein besonderer Name.

Stuttgart/Windhuk - Für Träume muss man oft hart arbeiten. Aber erzwingen lässt sich das Traumhafte nie. Es scheint auch unnötig. Denn ganz oft fügt sich alles von ganz alleine. Sandra Baumeister hat das erlebt. Gestern war sie quasi noch Lehrerin für Sport, Mathe und Deutsch an der Internationalen Schule in Stuttgart. Heute ist sie Sozial-Unternehmerin in Namibia. Sie lebt seit zwei Jahren einen Traum, den sie so nie geplant hat. Selbst die Anfänge wirken im Rückblick eher verschwommen und deuten nicht direkt auf ihr heutiges Leben hin.

 

„Ich hab vor fünf Jahren in Südafrika begonnen, mich sozial zu engagieren“, erzählt sie bei einem Abstecher in der alten Heimat. Sandra Baumeister half mit, zugige Wellblechthütten in Kitas zu verwandeln. Und irgendwann sagte sie sich: „Das reicht mir nicht.“ Dieses Gefühl teilte sie schließlich mit ihrer Freundin in Namibia und meinte: „Kim, wenn du irgendetwas machst, bin ich dabei.“ Jetzt ist sie mit Kim mittendrin: Mitten in der Produktion von monatlich 20 hochwertigen Damen-Handtaschen. Mitten in Windhuk lebt sie mit drei von vier Töchtern. Nur die Älteste wollte wegen des Studiums nicht jenseits nach Afrika und wohnt weiterhin in Birkach.

Jede Tasche ein Unikat

Ihre Taschen können in Sachen Design, Verarbeitung und Qualität spielend mit dem internationalen Standard mithalten. Aber die Leder-Produkte, deren Roh-Material in Afrika ein Gerber aus Göppingen veredelt, haben eben keinen bekannten Namen. Statt Hermès oder Louis Vuitton heißt ihr Label Myeisha is Love. Doch dafür steckt hinter Sandra Baumeisters Label eine Story von Menschen und deren Leben. Die Stuttgarterin weiß: So etwas kann ein Produkt einzigartig, letztlich auch sehr begehrt machen. Letztlich sei jede der 20 Taschen, die pro Monat produziert werden, ein Unikat. „Wir beziehen namibische Kunsthandwerker mit ein, beispielsweise verarbeiten wir Perlen einer Töpferkünstlerin. Jede Perle ist handgefertigt und einzigartig. Kein Exemplar gleicht exakt dem anderen. Leder, Stich und Verzierungen variieren ständig.“

Hinter dem Swahili-Wort „Myeisha“ verbirgt sich „Diejenige, die sehr geliebt wird“. „Es ist ein Name, der auf den besonderen Geist des Unternehmens verweist“, sagt Baumeister: „Unsere Taschen sollen die Werte Ehrlichkeit, Anerkennung, Wertschätzung und Liebe repräsentieren und transportieren.“ Die Geschichte ihrer Firma soll zeigen, dass dieser Satz mehr als eine Phrase ist. Zum Team von Myeisha gehören derzeit 13 Mitarbeiterinnen, zwei sind für die Designs der Taschen zuständig, neun für die Produktion. Einige von ihnen machen eine Ausbildung. „Im Prinzip kommen alle von der Straße“, sagt die Unternehmerin, „wir produzieren daher nicht nur Taschen, sondern Arbeitsstellen.“ Baumeister legt Wert darauf, dass bei ihr alle „fair und anständig“ bezahlt werden. Weit über dem üblichen Lohnniveau in Afrika.

Myeisha heißt: Diejenige, die sehr geliebt wird

Gleichwohl sagt Baumeister: „Ich bin jetzt keine Charity-Lady im eigentlich Sinne mehr. Ich bin eine Geschäftsfrau, die Gewinn machen muss.“ Daher kosten die Myeisha-Taschen zwischen 300 und 800 Euro. Allerdings: Der Gewinn fließt zu hundert Prozent in soziale Projekte in Namibia zurück. Sandra Baumeister hat dort die Stiftung „Especially Namibian“ ins Leben gerufen, die beispielsweise den Bau von Kindergärten und die Lehrerausbildung unterstützt. Damit nicht genug: Ihre neueste Herzenssache ist der Bau eines Waisenhauses in Windhuk. „Es gibt hier so viel Baby-Dumping“, sagt sie, „Kinder werden einfach an einem Ort abgelegt.“ Für die vierfache Mutter und Lehrerin ist diese Grausamkeit kaum auszuhalten. Daher muss sie helfen. Dass sie damit gleichzeitig ihre Träume verwirklicht und andere ermöglicht, trifft genau ihr Lebensmotto: „Mache mit deinem Tun den Unterschied aus!“

In Stuttgart bekommt man die Myeisha-Taschen im Best Store (Sophienstraße 14). Ein anderes Projekt ist „iNAMi“, eine Tochterfirma von Myeisha, die in Windhuk preisgünstigere Taschen anbietet, teilweise über Pop-Up-Shops.