Weitere fünf Jahre bleibt Philipp Keil Chef der Entwicklungshilfe-Stiftung des Landes. Die Zeit will er für eine Neuausrichtung nutzen – und künftig verstärkt in Baden-Württemberg für ein Umdenken werben.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Stiftung Entwicklungszusammenarbeit des Landes (SEZ) soll ihren Blick künftig nicht nur auf die Dritte Welt, sondern verstärkt auch auf Baden-Württemberg richten. Im Südwesten selbst will sie das Bewusstsein dafür schärfen, dass sich die globalen Probleme wie Klimawandel, Flucht oder Ausbeutung nur gemeinsam lösen lassen. An einer entsprechenden Neuausrichtung der Stiftung arbeitet der seit 2015 amtierende SEZ-Geschäftsführer Philipp Keil, dessen Vertrag gerade um fünf Jahre bis 2022 verlängert wurde. Damit wolle man die knappen finanziellen und personellen Ressourcen noch effizienter einsetzen.

 

In den Industrieländern sei ein „absolutes Umdenken notwendig“, um die Situation in den Entwicklungsländern dauerhaft zu verbessern, argumentiert Keil. Er beruft sich auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen, die ein neues globales Verständnis von Wohlstand und Entwicklung zum Ziel hat. „Unser globales Wirtschaftssystem ist verantwortlich für große Ungerechtigkeit“, sagt der SEZ-Chef. „Wir füttern dieses System tagtäglich beispielsweise durch unseren Konsum.“ Echte Entwicklungszusammenarbeit beginne daher „bei uns in der Ersten Welt“.

Land als Exportstandort besonders gefragt

Das Nachdenken über eine gerechtere Verteilung von Lebenschancen will die Stiftung auch in Baden-Württemberg anstoßen. Das Land und seine Bürger müssten sich ihrer Verantwortung bewusst werden und ihr eigenes Verhalten reflektieren. Als Exportstandort sei der Südwesten dabei besonders gefragt. „Wir möchten den Blick auf uns und unser Handeln lenken“, sagt Keil. Jeder Einzelne könne durch Änderungen seines Verhaltens dazu beitragen, die Situation zu verbessern. Als Beispiel nennt er die Bewegung Future Fashion für nachhaltige Textilien und bewusstes Kaufverhalten.

Bei der Aufklärungsarbeit will sich Keil auf die 2000 zivilgesellschaftlichen und kirchlichen Initiativen stützen, die es nach einer SEZ-Erhebung allein im entwicklungspolitischen Bereich im Land gibt. Mit ihnen zusammen wolle man Brücken zwischen Menschen aus dem Südwesten und aus Entwicklungsländern bauen. Als beispielhaft gilt die Partnerschaft mit dem afrikanischen Burundi, die seit mehr als drei Jahrzehnten gepflegt wird. An diesem Dienstag kommt der von Staatssekretärin Theresia Schopper (Grüne) geführte Stiftungsrat zu seiner jährlichen Sitzung zusammen. Dabei wird sich zeigen, inwieweit das Gremium die Neuausrichtung der Stiftung und die Fokussierung auf Baden-Württemberg unterstützt.

Wieder Kontinuität in der Führung

Der 37-jährige Ökonom Keil, zuvor Abteilungsleiter bei der Messe Stuttgart, hatte bei der SEZ 2015 die Nachfolge von Rainer Lang (62) angetreten. Die Stiftung finanziert sich aus Erträgen eines Kapitalstocks, einem Landeszuschuss und Spenden.