Die Vertreterin des Stuttgarter Stadtplanungsamtes stand auf verlorenenem Posten: der Entwurf für die Gestaltung des Areals „Budapester Platz/ Friedhofstraße“ fiel in der gemeinsamen Sitzung der Bezirksbeiräte Mitte und Nord glatt durch. „Das ist schockierend scheußlich“, sagte etwa ein Lokalpolitiker.

S-Mitte/S-Nord -

 

An Großbaustellen herrscht in der Innenstadt wahrlich kein Mangel. Und perspektivisch kommt eine weitere hinzu: ein neun Hektar großes Plangebiet entlang der Wolframstraße bis hin zur südöstlichen Ecke an der Nordbahnhofstraße. Hier soll am Übergang von der Innenstadt zum Stuttgarter Norden „eine städtebaulich hochwertige Verbindung zwischen Europa- und Nordbahnhofviertel“ entstehen. So lautete die Vorgabe für den städtebaulichen Ideenwettbewerb für das Areal „Budapester Platz/Friedhofstraße“, der zwei Sieger gesehen hat. Den vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung bevorzugten Entwurf der Lima-Architekten Stuttgart hat nun Carolin zur Brügge, Abteilungsleiterin Mitte, in einer gemeinsamen Sitzung der Bezirksbeiräte Mitte und Nord vorgestellt.

Den Ausschlag für den Lima-Entwurf, der die Basis für den künftigen Bebauungsplan bilden soll, haben laut zur Brügge folgende Faktoren gegeben: Eine klare Struktur und die freiräumliche Planung der südöstlichen Ecke mit anschließender, diagonal in den Hang führender Treppenanlage. Am Eingang dazu soll rechterhand ein großes Gebäude als „Hochpunkt“ entstehen. Im nördlichen Bereich wurde zur Nachverdichtung mit zugehöriger Kindertagesstätte ein Baufeld „identifiziert“. Hinzu kommt der Vorschlag von „Baublöcken mit grünen Innenhöfen“. Diese Ideen trügen auch dazu bei, „dass sich hier kein zweiter Charlottenplatz bildet“. Zusammenfassend betonte die Planerin: „Insgesamt sind wir sehr zufrieden mit dem Entwurf. Er kann für uns eine gute Grundlage sein.“

Ein Hagel der Kritik

Eine Einschätzung, die sich in der anschließenden Debatte durch die Stellungnahme von Hans-Christian Wieder (CDU, S-Nord) zunächst zu bestätigen schien. Das Hochhaus nannte er zwar „grauenvoll“, aber sonst sei das „ein schöner Entwurf“. Eine Meinung, die einzig Ralph Wöhrle (Bündnis 90/Die Grünen, S-Nord) bestätigte: „Im Prinzip ist die Planung gelungen.“ Danach aber ging auf Carolin Zur Brügge ein Hagel der Kritik nieder.

Wöhrles Fraktionskollege Bertram Wohlfahrt nannte die Planung „ein Graus, fantasielos und langweilig“, Ralph Schelle (SÖS/Linke-plus, S-Mitte) „schockierend scheußlich“. Ähnlich äußerte sich Anna Kedziora (Freie Wähler, S-Nord): „Ich habe das Gefühl, wir können nur hässlich. Das Areal ist eine große Chance. Wir sollten mehr Mut haben und nicht immer nur im Viereck bauen! Ein Klotz, ein Kasten und so weiter.“ Armin Serwani (FDP, S-Nord) meinte, durch den geplanten City-Ring werde der Budapester Platz „noch schlimmer als der Charlottenplatz“. Völlig unklar sei, „wie Fußgänger von der einen zur anderen Seite kommen“. Auch Bertram Wohlfahrt fehlte „eine plausible Erklärung, wie die Wegebeziehungen für Fußgänger und Radfahrer sein werden“. Und Jürgen Klaffke (SÖS-Linke-Plus, S-Nord) nannte die Planung insgesamt einen „Etikettenschwindel, denn hier entsteht in erster Linie eine Massenverkehrskreuzung“. Klaffke meinte: „Das ist kein preiswürdiges urbanes Bauen für ein der Bevölkerung gehörendes Quartier.“

Gegen einsame Entscheidungen

In dieses Horn stieß auch Matthias Vincon (SPD, S-Mitte), der sich ausführlich mit der möglichen Nutzung des Plangebietes auseinandersetzte: „Die angesprochene Idee, hier noch ein Hotel zu bauen, macht mir Angst. Wir wollen ein Quartier für bezahlbares Wohnen und keine einsame Entscheidung wie am Mailänder Platz!“ Als unangenehm bezeichnete Vincon zur Brügges Hinweis auf die „Marktentwicklung“, dem er entgegenstellte: „Ich sehe, wie Tübingen und Freiburg neue Stadtteile entwickeln. Ich finde es erschütternd, was hier geschieht. Wir müssen die Entwicklung selbst steuern. Es ist an der Zeit, dass die Stadt nicht weitere Gebiete dem Markt opfert und stattdessen Investoren Vorgaben macht. Sonst soll sie selbst Zugriff auf die Flächen nehmen.“

In ihrer Entgegnung nannte zur Brügge die Planung eine Gratwanderung: „Die meisten Grundstücke sind in Privatbesitz. Wir müssen mit den Eigentümern partnerschaftlich zusammenarbeiten.“