Der Bundesrat stimmt über das geplante Gesetz zur Erbschaftssteuer ab. Länder und SPD-Minister kritisieren das geplante Gesetz. Ist ein Vermittlungsverfahren der Ausweg?

Berlin - Die Unsicherheit über das künftige Erbschaftsteuerrecht für Firmennachfolger könnte noch einige Zeit andauern. Im Bundesrat formieren sich mehrere Länder gegen das geplante Gesetz. Die Grünen im Bund hatten bereits angekündigt, das Gesetz der großen Koalition abzulehnen. Doch nun meldet sich überraschend auch eine Reihe von SPD-geführten Länder mit Vorbehalten zu Wort. Damit fallen die sozialdemokratischen Landespolitiker ihrem Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel in den Rücken, der den Kompromiss ausgehandelt hat. Gabriel lobte am Montag den Kompromiss. Der SPD-Chef sagte, die Lösung sei gerecht, sichere Arbeitsplätze und führe zu Mehreinnahmen bei den Ländern. Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) äußerte sich jetzt ablehnend. „Dieser Kompromiss geht so nicht“, sagte er im Deutschlandfunk. Er rügte, das Bewertungsrecht für Unternehmen sei zu großzügig. Einwände kommen auch vom niedersächsischen Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD), der dieser Zeitung sagte: „Ich stelle fest, dass große Erbschaften von Unternehmensvermögen weiterhin sehr weitreichend privilegiert werden sollen.“ Die Kernforderung des Verfassungsgerichts bestehe aber gerade darin, die starken Privilegien für Betriebsvermögen abzubauen. Schneider zweifelt, ob die Vorgaben aus Karlsruhe voll berücksichtigt worden sind. Auf jeden Fall müsse vermieden werden, dass der Gesetzgeber in einigen Jahren erneut vor dem Verfassungsgericht steht. „Mit dem jetzt gefundenen Kompromiss wächst meine Sorge, dass genau dies der Fall sein könnte“, sagte Schneider.

 

Am 8. Juli wird im Bundesrat abgestimmt

Die Hoffnungen der großen Koalition ruhen auf Ländern mit Grünen-Beteiligung. Im Bundesrat benötigt die große Koalition mindestens drei Länder mit Grünen-Beteiligung, damit das Gesetz eine Mehrheit erhält. In Berlin wird darauf spekuliert, dass Baden-Württemberg und Hessen für die Reform stimmen könnten. Auch die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) hatte in einer ersten Stellungnahme erklärt, es sei wichtig, dass die Neuregelung bei der Erbschaftsteuer rasch abgeschlossen werde.

Die baden-württembergische Landesregierung wollte sich nicht festlegen. Der Gesetzentwurf werde geprüft, erklärte ein Sprecher des Finanzressorts. Die Länder sind bereit, die Beratungsfristen zu verkürzen und über das Gesetz am 8. Juli im Bundesrat abzustimmen. Ob es dann eine Mehrheit gibt, ist offen. Falls eine Mehrheit nicht zustande kommt, kann der Vermittlungsausschuss angerufen werden. Dies würde bedeuten, dass sich die Verhandlungen über die Erbschaftsteuerreform über die Sommerpause hinziehen. Da Bundesrat und Bundestag nach der Sommerpause erst wieder im September zusammenkommen, könnte frühestens dann entschieden werden.

Das Verfassungsgericht hat dem Gesetzgeber bis zum 30. Juni 2016 Zeit für eine Neuregelung gegeben. Die Bundesregierung will das Gesetz rückwirkend zum 1 . Juli 2016 in Kraft setzen. Der Bundestag wird das Gesetz an diesem Freitag verabschieden. Danach sind Änderungen nur im Vermittlungsverfahren möglich. Ausgeschlossen ist, dass ein neues Modell mit einheitlichem Niedrigsteuersatz, wie es die Grünen fordern, im Vermittlungsverfahren beschlossen wird. Dies würde die Rolle des Vermittlungsausschusses überdehnen.

Koalition ist gegen einheitliche Niedrigsteuer für alle Erben

Die große Koalition lehnt eine einheitliche Niedrigsteuer für alle Erben ab. „Das wäre eine Umverteilung von unten nach oben“, sagte der CDU-Finanzpolitiker Ralph Brinkhaus. Ein einheitlicher Niedrigsteuertarif würde tendenziell Reiche entlasten und die Mittelschicht belasten.