SPD und Union verhandeln über eine Erleichterung bei der Unternehmensbewertung. Doch die Neuregelung zur Erbschaftsteuer hakt noch an anderen wesentlichen Punkten.

Berlin - Trotz monatelanger Verzögerungen wird der Bundestag im Januar nicht mehr über die Erbschaftsteuerreform entscheiden. Inzwischen haben sich die Verhandlungsführer von Union und SPD zwar in einigen Punkten angenähert. Wegen ungeklärter Streitpunkte kann das geplante Gesetz aber nicht verabschiedet werden. „Über das Gesetz werden wir in der kommenden Woche nicht entscheiden“, sagte der CDU-Finanzpolitiker Christian von Stetten, Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand, der Stuttgarter Zeitung. Ursprünglich hatten die Fraktionsspitzen der Koalition vorgehabt, das Gesetz nach mehreren ergebnislosen Anläufen in der nächsten Woche zu verabschieden. Dazu kommt es nicht.

 

In der Unionsfraktion gibt es nach wie vor erhebliche Bedenken. Bundestag und Bundesrat stehen unter Zeitdruck, da das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom Dezember 2014 dem Gesetzgeber bis 30. Juni 2016 Zeit gegeben hat, um die geltenden Regeln zur Übertragung von Betriebsvermögen zu korrigieren.

In einigen Punkten einer Verständigung nahe

Die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Carsten Schneider (SPD) und Ralph Brinkhaus (CDU) versuchen, eine Einigung zu den strittigen Punkten zu finden. In die Gespräche einbezogen ist die CSU-Landesgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt. Dem Vernehmen nach sind die Unterhändler zumindest in einigen Punkten einer Verständigung nahe. Nach wie vor ist aber die CSU mit dem Paket unzufrieden. „Wir werden auf keinen Fall eine steuerpolitische Erbsünde begehen“, sagte der CSU-Mittelstandspolitiker Hans Michelbach. Der Wirtschaftsflügel der Unionsfraktion fordert Änderungen in neun Punkten. In der SPD heißt es dazu: „Die Union will vieles.“ Es sei aber nichts vereinbart.

In den Verhandlungen zeichnet sich ab, dass die Sozialdemokraten der Union bei der Unternehmensbewertung ein Stückweit entgegenkommen. Um die Erbschaftsteuer festzulegen, wird der Wert des Betriebs ermittelt. Firmenerben haben generell die Möglichkeit, den Wert mit einem Gutachten feststellen zu lassen. Doch dies ist mit hohen Kosten verbunden. Der Wert kann auch nach dem einfachen Ertragswertverfahren geschätzt werden. Zurzeit werden Unternehmen mit dem 18-fachen ihres Nettogewinns bewertet. Union und die Wirtschaftsverbände argumentieren, dass dies wegen der extremen Niedrigzinsphase zu überzogenen Ansätzen führt. In den Verhandlungen dringt die Union daher darauf, den zwölffachen Wert des Nettogewinns zugrunde zu legen. Die SPD will dem zwar nicht folgen, ist aber bereit, unter den 18-fachen Wert zu gehen.

Für die Union ist eine Investitionsklausel wichtig

Doch das genügt der Union nicht. „Der Entwurf zur Erbschaftsteuer ist nicht zu Ende gedacht, weil unrealistische Unternehmensbewertungen und damit überhöhte Steuerbelastungen provozieren würde“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordneter Carsten Linnemann, der Vorsitzender der Unions-Mittelstandsvereinigung MIT ist. Aus diesem Grund müsse die Formel für die Unternehmensbewertung an die niedrigen Zinsen anpassen werden. Dies sei ein wichtiger Punkt, betonte Linnemann. Die Sozialdemokraten wollen jedoch verhindern, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung verwässert wird.

Das sieht der Wirtschaftsflügel der Union anders. „Wir brauchen dringend Nachbesserungen, wenn nicht sogar einen komplett neuen Ansatz“, sagte Linnemann. Die Unternehmensübergabe sei ein neuralgischer Punkt für die deutschen Familienunternehmen. Deshalb dürfe es auf diesem Gebiet keine Experimente geben, meinte Linnemann.

Der CSU-Politiker Michelbach sagte, für die Union sei außerdem eine Investitionsklausel im Erbschaftsteuerrecht wichtig. Damit soll erreicht werden, dass beispielsweise Barvermögen für geplante Investitionen unter bestimmten Umständen bei der Erbschaftsteuer begünstigt wird. Falls etwa ein Unternehmer überraschend verstirbt, soll es künftig die Möglichkeit geben, dass die für Investitionen vorgesehen Mittel unter die Verschonungsregeln fallen. „Das würde viel Sprengkraft wegnehmen“, so Michelbach. Die SPD lehnt dies ab.