Seit Mai versuchen Schlichter zu klären, welche Versicherung für die Schäden durch Erdwärmebohrungen in Böblingen zahlen muss. Selbst das Landratsamt kennt nicht einmal ihre Namen. Nach dem Urteil beginnt das Tauziehen ums Geld auf anderer Ebene.

Böblingen: Marc Schieferecke (eck)

Böblingen - Kürzer kann die Antwort nicht ausfallen: „Nein“, sagt Dusan Minic, der Pressesprecher des Landratsamts. Die Behörde habe kein Wort gehört vom Schiedsgerichts, das entscheiden soll, wer die Geothermie-Schäden in Böblingen zahlen muss. Nicht einmal die Namen derjenigen sind bekannt, die bestellt wurden.

 

Drei Versicherungen kommen für die Haftung in Frage: die Allianz, die Württembergische und die AIG. Mit ihnen hatte die Firma Gungl nacheinander Policen abgeschlossen. Die Erdwärmebohrungen des Pleiteunternehmens haben Millionenschäden an rund 200 Häusern verursacht. Im Mai hatte das Schiedsgericht seine Arbeit begonnen. Alle Versicherungen haben zugestimmt, das Ergebnis zu akzeptieren. Allerdings deutete schon das Geplänkel im Vorfeld nicht darauf hin, dass die Beteiligten Interesse an einer schnellen Regelung haben. Monatelang wurde um die Besetzung der Kommission gestritten.

Vor genau einem Jahr waren die Versicherer im Landratsamt

Ein aus Sicht der Hauseigentümer trister Jahrestag ist Anlass dafür, dass Politiker und der Landrat Roland Bernhard die Versicherer mahnen, zu einem Ergebnis zu kommen. Vor genau einem Jahr waren Mitarbeiter der drei Unternehmen im Landratsamt. „Kein Verständnis haben wir dafür, dass das Schiedsverfahren seit Monaten andauert und ein verbindliches Ende nicht in Sicht ist.“ So ist es in einem Brief an die Versicherungen zu lesen, den die Grünen-Landtagsabgeordnete Thekla Walker und der Landrat Roland Bernhard gemeinsam unterschrieben haben. Die betroffenen Grundstückseigentümer hätten „den Eindruck, dass hier auf Zeit gespielt wird“.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Paul Nemeth erinnert daran, dass „bereits seit Januar“ eine Studie vorliegt, in der eindeutig der Zusammenhang zwischen den Bohrungen und den Hausschäden hergestellt ist. „Bisher haben sich die Versicherungsunternehmen aber nicht dazu geäußert.“ Die CDU-Kreisrätin Daniela Braun beklagt grundsätzlich, dass „die Erdhebungsopfer nach nunmehr drei Jahren immer noch keine Entschädigung erhalten haben“.

Politischer Druck beeindruckt offenbar wenig

Allerdings sind dies keineswegs die ersten Mahnungen an die Versicherer. Selbst der Landesumweltminister Franz Untersteller hatte im Mai erinnert, dass es Zeit für eine Lösung sei. Aber offenbar beeindruckt politischer Druck die Unternehmen wenig. Selbst wenn das Schiedsgericht zu einem Spruch kommt, der zum Jahresende angekündigt ist, bekommen die Betroffenen noch lange kein Geld überwiesen.

Für September war ein Zwischenstand der Schlichter-Arbeit angekündigt. Ihn hat die Interessengemeinschaft (IG) der Eigentümer vergeblich angemahnt. „Wohl hat das Schiedsgericht getagt, weitere Informationen haben wir aber nicht“, sagt der IG-Geschäftsführer Werner Schubert. Weshalb die Betroffenen zweifeln, dass es bei dem angekündigten Termin bleibt. Viel mehr als abzuwarten und zu hoffen, bleibt allerdings nicht. Ein gerichtliches Vorgehen gegen gleich drei Konzerne „wäre nach Aussage unseres Rechtsanwalts nicht zielführend“, sagt Schubert. Zumal bis zu einem Urteil in der womöglich letzten Instanz wiederum Jahre vergehen würden.

Ist der Schiedsspruch gefallen, wird das Tauziehen ums Geld auf anderer Ebene fortgesetzt. Zuerst „besteht der Verdacht, dass die Versicherungssumme nicht reicht“, sagt Schubert. In diesem Fall muss ein Verteilungsschlüssel ausgehandelt werden. Überdies hofft die IG darauf, dass das Land eine mögliche Differenz ausgleicht. Danach folgen Verhandlungen über die tatsächlichen Reparaturkosten für jedes einzelne Haus. Letztlich müssen die Eigentümer ihre Schäden selbst geltend machen. Dieser letzte Schritt ist der Gemeinschaft von Gesetzes wegen versagt.