Rund 18 000 Liter Wasser-Zement-Mischung sind bei den Sanierungen ins Erdhebungsgebiet gepresst worden. Ob sich die Lage nun beruhigt, lässt sich allerdings noch nicht sagen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Eine „gute Kunde“ hatte Roland Bernhard am Donnerstag für die Bewohner des Böblinger Erdhebungsgebiets: Zehn der 17 schadhaften Bohrlöcher sind gestopft worden. Rund 18 000 Liter Zement wurden seit vergangenen September in die Erde gepumpt. „Solche Mengen können nur verpresst werden, wenn die Bohrungen unsachgemäß durchgeführt worden sind“, sagte der Landrat. Damit sei endgültig der Beweis für die Ursache der Erdhebungen erbracht, findet er – die in den Jahren 2006 bis 2008 von der Firma Gungl getätigten Bohrungen für Erdwärmesonden. Die Sanierung soll zwei Ziele erreichen: „Wir können noch selbstbewusster in die Verhandlungen mit den Versicherungen gehen“, sagte Roland Bernhard, und es komme Ruhe in den Boden.

 

Diese Woche werden die Bauarbeiten rund um den Hans-Thoma-Weg beendet. Die Sanierungsfirma zieht dann an den Schliffkopf- und in den Herdweg um, wo es noch sieben Erdwärmesonden zu füllen gibt. „Wir wollen es ohne Atempause durchziehen“, sagte der Landrat. Mit weiteren sechs Monaten Bauzeit wird mindestens gerechnet. Am Mittwoch hat Roland Bernhard den Vertrag mit der Spezialtiefbaufirma für den zweiten Abschnitt unterzeichnet. Allein diese Sanierung kostet etwa eine Million Euro. „Das Geld ist gut investiert“, erklärte er den Anwohnern im Hans-Thoma-Weg. In die Reparatur aller 17 Bohrlöcher werden am Ende fast fünf Millionen Euro gesteckt. Der Kreis streckt das Geld vor, bezahlen muss laut Roland Bernhard das Land.

Mit den Versicherungen will Roland Bernhard am 27. August Tacheles reden. An dem Tag ist ein Termin mit Vertretern aus der Vorstandsebene „mit Entscheidungsbefugnis“ anberaumt. Die Firma Gungl hatte zu unterschiedlichen Zeiten drei unterschiedliche Versicherungen. Und weder die American International Group (AIG) noch die Württembergische noch die Allianz haben sich bislang bereit erklärt, den durch die Erdwärmesondenbohrungen entstandenen Schaden zu übernehmen. „Wenn die Schuldfrage so glasklar ist, erwarte ich, dass sie jetzt springen“, sagte der Landrat. Vor der Einrichtung eines Nothilfefonds warnte er erneut: Er würde die Verhandlungsposition gegenüber den Versicherungen schwächen.

„Wir sind jetzt auf einem sehr guten Weg“, sagte Wolfgang Lützner bei dem Treffen. Rund 200 Böblinger sind von dem Problem betroffen und haben Risse in ihren Häusern. Der Böblinger Oberbürgermeister rief sie dazu auf, „einen kühlen Kopf zu bewahren“ – aber er habe auch viel Verständnis für Emotionen. Ihn stimme positiv, dass sich bereits jetzt eine positive Wirkung durch die Sanierung abzeichne, sagte Wolfgang Lützner. Im nördlichen Gebiet ist die Hebungsgeschwindigkeit an manchen Häusern um zehn bis 20 Prozent zurückgegangen. Im kommenden Herbst soll eine erste Auswertung der verschiedenen Messungen stattfinden. Allerdings wurden die Erwartungen der Bewohner gedämpft: „Wir sehen eine Verbesserung, aber auf den endgültigen Beweis müssen wir noch warten“, erklärte Jochen Weinbrecht. Ob die Erdhebungen ganz gestoppt werden können, ist den Angaben des Leiters des Wasserwirtschaftsamtes im Landratsamt zufolge nach wie vor nicht klar.

Der „zaghafte Rückgang“ der Bewegungen an zwei sanierten Sonden sei „eine unfassbar große Freude für die Betroffenen“, berichtete Werner Schulz. Aber allen sei klar, dass es noch lange dauern kann, bis die Erde zur Ruhe komme, fügte der Geschäftsführer der Interessengemeinschaft Erdhebungen Böblingen an. „Es bleibt uns nichts anderes übrig, als optimistisch zu bleiben.“ Eine Alternative gebe es jedenfalls nicht: Für sein Haus finde er momentan garantiert keinen Käufer, weiß Werner Schulz.