In einem Neubaugebiet in dem Rudersberger Ortsteil Zumhof hebt sich noch immer die Erde. Als Ursache ist eine weitere schadhafte Geothermiebohrung ausgemacht worden. Die betroffenen Anwohner müssen derweil wohl noch eine Weile auf eine Entschädigung warten.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Rudersberg - Die Reparaturarbeiten an undichten Erdwärmebohrungen in dem Rudersberger Teilort Zumhof gehen weiter. Am Dienstag hat jetzt jene Firma, die auch für die Installation des Heizungssystems verantwortlich zeichnet, damit begonnen, Sondenbohrungen mit Zement zu verfüllen.

 

Weil die betroffenen Erdwärmeschächte seinerzeit nah an das Haus gelegt worden waren, können die Handwerker nicht mit schwerem Bohrgerät anrücken. Die Sanierer gingen in einem sogenannten minimal-invasiven Verfahren vor, sagt Andreas Krumwieh vom Geschäftsbereich Umwelt- und Grundwasserschutz des Landratsamts. Die Schläuche der Erdwärmesonden würden in bis zu 70 Metern Tiefe von innen mit einem eigens neu entwickelten, kugelschreibergroßen Werkzeug aufgeschnitten. Durch die Schnitte werde dann Zement gepresst, der die Bohrlöcher auffüllen und so verhindern soll, dass Wasser in sensible Erdschichten eindringen kann.

Schäden an etwa 50 Häusern

Es ist bereits die dritte Maßnahme in dem kleinen Neubaugebiet, in dem vor acht Jahren für die Heizungsanlagen von sieben Haushalten insgesamt 21 Erdwärmesonden-Bohrungen vorgenommen worden waren. Erst im Jahr 2012 zeigte sich, dass sich das Gelände um bis zu 40 Zentimeter angehoben hatte. An etwa 50 Häusern waren dadurch Schäden wie zum Beispiel Risse aufgetreten. Experten stellten fest, dass aufquellende Gipskeuperschichten für die Bodenhebungen verantwortlich waren. In einem gar nicht in Betrieb genommenen Schacht wurde ein abgebrochenes Bohrgestänge entdeckt.

Dieses stellte sich freilich nicht als die einzige Ursache für die Hebungen heraus. Nach dessen Verfüllung vor zwei Jahren musste auch das Bohrloch einer weiteren, eigentlich intakten Sonde saniert werden, weil durch dieses Wasser in die Keuperschicht gelangt war.

Nun also der dritte Sanierungsfall, der sich laut Andreas Krumwieh bei der jüngsten Kontrolle der Bohrlöcher, die zweimal im Jahr durchgeführt werde, angedeutet habe. Dabei hatte man Hoffnung gehabt, dass sich die Lage endgültig beruhigt. Die Hebegeschwindigkeit habe sich nach der zweiten Sanierung deutlich verlangsamt, sagt Krumwieh. Messungen an verschiedenen Markierungspunkten hätten zuletzt maximal 2,8 Millimeter pro Monat ergeben. Davor seien bis zu 7,2 Millimeter registriert worden.

Bohrungen werden weiter beobachtet

Nun hofft man, dass nach dem dritten Anlauf Ruhe einkehrt, wenngleich man davon ausgehen muss, dass die Hebungen auch dann noch einige Jahre andauern werden. Dass sich das Grundwasser einen neuen Weg in einem anderen Bohrloch sucht, wenn das aktuell behandelte abgedichtet ist, kann Klaus Kleinert vom Baugrundinstitut Vees und Partner, das die Sanierung geotechnisch begleitet, allerdings nicht ausschließen. Man müsse die Bohrlöcher weiterhin regelmäßig kontrollieren, sagt er. „Auch nach dieser Operation wird man den Patienten noch nicht als genesen erklären können“, lautet denn auch die Diagnose des Rudersberger Bürgermeisters Martin Kaufmann.

Und so müssen die betroffenen Hausbesitzer wohl auch noch ein ganzes Weilchen auf eine abschließende Entschädigung warten. An den betroffenen Häusern seien bisher nur akute Schäden wie etwa klemmende Türen beseitigt worden, bestätigt Andreas Krumwieh. „Die Schlussreparatur steht noch aus.“

Andere Beispiele in der Region

Schadensfälle
Rudersberg ist nicht der einzige Ort in Baden-Württemberg, an dem nach Erdwärmebohrungen Schäden aufgetreten sind. In der Region hat es in Leonberg und Böblingen zwei weitere umfangreiche Fälle gegeben. In Staufen im Breisgau hatte die Stadt im Jahr 2007 selbst mehrere Bohrungen durchführen lassen. 270 Häuser wurden beschädigt. Das Land hat für Geschädigte mittlerweile einen zweistelligen Millionenbetrag zur Verfügung gestellt.

Sanierung
In Böblingen sollen bis Ende des Jahres insgesamt 17 Bohrlöcher saniert werden. Die Kosten werden auf fünf Millionen Euro geschätzt. Das Geld muss vorerst der Landkreis auslegen. Das Unternehmen, das für die schadhaften Geothermiebohrungen verantwortlich gemacht wird, hat im September einen Insolvenzantrag gestellt. Auch in Böblingen geht man nach dem sogenannten minimal-invasiven Verfahren vor. Allerdings wird dort ein Hochdruckwasserstrahl verwendet, während in Rudersberg ein eigens für diesen Zweck entwickeltes Schneidewerkzeug zum Einsatz kommt.