Streit um den Bildungsplan: die Bloggerin Nele Tabler erklärt auf der Republica in Berlin, warum sie enttäuscht ist von der baden-württembergischen Landesregierung – und was sie dazu bewegt hat, das Hashtag #idpet ins Leben zu rufen.

Digital Desk: Jörg Breithut (jbr)

Berlin - Die Präsentation von Nele Tabler beginnt mit einer Warnung: Ihr nun folgender Vortrag enthalte Beleidigungen und Beschimpfungen gegenüber Homosexuellen. Wörter wie abartig, abscheulich, abstrus seien nur eine kleine Auswahl der Begriffe aus den Kommentaren; gegen diese Hetze im Netz kämpft Nele Tabler seit Dezember vergangenen Jahres an. Der Austragungsort: die Internet-Plattform Open Petition, auf der mehr als 190.000 Menschen sich dafür einsetzen, dass der Entwurf des Bildungsplans der baden-württembergischen Landesregierung nicht umgesetzt wird.

 

Auf der Republica in Berlin hat Nele Tabler am Donnerstag einige der Kommentare präsentiert, die sich auf der Plattform angesammelt haben. Zwar ist die Kommentar-Funktion seit Januar abgeschaltet und einige der Beiträge wurden gelöscht, doch unter den 11.000 Kommentaren seien noch immer 5000 Hass-Kommentare, sagt Tabler, die „dringend moderiert werden müssen“.

Bei Open Petition verweist man auf die „Melden“-Funktion, mit deren Hilfe die Nutzer die Betreiber darauf hinweisen können, wenn ein Kommentar als beleidigend eingestuft wird. „Open Petition steht für die Rechte jedes Einzelnen nach Selbstbestimmung, das schließt auch sexuelle Orientierung ein“, sagte ein Sprecher gegenüber stuttgarter-zeitung.de. „Diskriminierende Inhalte verstoßen gegen unsere Nutzungsbedingungen und werden entfernt, sobald wir davon Kenntnis erlangen.“ Neue Kommentare lassen sich nicht mehr eintragen, da „in hohem Maße Missbrauch auftrat und wir eine schnelle Moderation nicht mehr gewährleisten konnten“.

Nele Tabler erfindet das Hashtag #idpet

Vor allem über Twitter führt Nele Tabler ihren Feldzug gegen Bildungsplan-Gegner, die Hasstiraden im Netz verbreiten. Um die Kurznachrichten zu bündeln, hat sie das Hashtag #idpet erfunden. Das Schlagwort hat sich bei Twitter mittlerweile als Überbegriff für den Streit um den Bildungsplan der Landesregierung durchgesetzt. Die Abkürzung steht für Ideologie-Petition, sagt Tabler, „kann aber genauso gut als Idiotenpetition gelesen werden“.

Zu der Twitter-Offensive habe Nele Tabler der Anruf eines homosexuellen Schülers bewegt. Weinend erklärte der 16-Jährige ihr am Telefon, dass seine Lehrerin die Petition unterschrieben habe und dass er sich nun nicht mehr in die Schule traue. „Ich war hilflos“, sagt Tabler. Obwohl bereits 16.000 Menschen die Online-Petition unterschrieben hatten, sei darüber kaum berichtet worden.

Die Bloggerin aus Nordbaden ist selbst lesbisch und befürwortet den Entwurf des baden-württembergischen Kultusministeriums, mit dem im Unterricht ein Bewusstsein für die Diskriminierung gegenüber schwulen und lesbischen Menschen geschaffen werden soll. Nun ist sie enttäuscht, dass die rot-grüne Landesregierung den Bildungsplan erst im Schuljahr 2016/2017 einführen will. Also ein Jahr später als geplant. Laut Kultusminister Andreas Stoch (SPD) hat der erbitterte Streit um das Thema Akzeptanz sexueller Vielfalt dabei nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Die Bloggerin zweifelt daran. „Die Regierung ist überfordert mit all dem Hass und würde das Thema am liebsten ignorieren“, sagt sie.

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