Bei der Energiewende geht es nicht nur um neue Anlagen. Einigen Zuhörern ist dies bei der Podiumsdiskussion „Erfolgsfaktor Energie“ klarer geworden.

Stuttgart - Energie sparen statt nur neue Anlagen errichten – vor allem diese Botschaft von Heinz Dürr, dem Hauptaktionär und Aufsichtsratschef der Dürr AG, ist am Donnerstagabend bei vielen Zuhörern auf offene Ohren gestoßen. „Über Effizienz habe ich bislang nicht so nachgedacht“, sagte etwa Philipp Bock nach der Podiumsdiskussion. Dabei ist der 23-Jährige vom Fach, studiert er doch Maschinenbau an der Uni Stuttgart.

 

Philipp BockZweygarth

„Das Bewusstsein für den eigenen Energieverbrauch ist bei vielen Leuten nicht da“, davon ist Bock überzeugt. Bezeichnend sei die von Dürr aufgeworfene Frage gewesen, warum eigentlich jeder wisse, wie viel Liter Sprit sein Auto verbrauche, nicht aber, wie hoch der Stromverbrauch im Haushalt sei.

„Der entscheidende Stellhebel bei der Energiewende ist für mich, wie wir mit weniger Energie auskommen“, sagte auch Stefan Gorny. Im Laufe des Abends sei allerdings klar geworden, dass dies noch eine Riesenherausforderung darstelle. Aus der Kernenergie auszusteigen ist für den 50 Jahre alten Ingenieur, der als Abteilungsleiter bei Bosch arbeitet, zwar der richtige Weg. „Die Energiewende kommt aber zu früh“, sagte Gorny. Seiner Meinung nach seien die regenerativen Energien noch zu unausgereift und zudem sei die entsprechende Speichertechnik noch nicht

vorhanden. „Die Initialzündung der Debatte war die Katastrophe von Fukushima und der Ausstieg aus der Kernenergie ein Affektbeschluss“, so Gorny. Die Folgen dieser Entscheidung – auch in Bezug auf die künftige Versorgungssicherheit – seien da noch gar nicht zu überblicken gewesen.

Inge Keller (56) ist hier gänzlich anderer Meinung: „Der Atomausstieg geht mir noch viel zu langsam.“ Sie selbst lebe schon seit Jahren äußerst energiebewusst. „Ich spare mir sogar einen Fernseher und lese lieber Zeitung“, sagte sie schmunzelnd. Veronika Scheffold begreift die Energiewende auch eher als Chance. „Aber man muss natürlich darauf schauen, dass keine Ausfälle entstehen“, sagte die 18-jährige Mathematik-Studentin. Beim von Heinz Dürr forcierten Thema Energiesparen solle jeder schauen, wo er auch im Kleinen etwas tun könne. Wobei sie die

Veronika ScheffoldZweygarth

technischen Möglichkeiten noch lange nicht ausgereizt sieht: „Wer hat denn heute schon eine Waschmaschine mit Stromzähler, die sich erst nachts um vier einschaltet, wenn der Strom besonders günstig ist?“ „Wenn man effizienter ist, spart man das ein oder andere Windrad ein“ – das ist für Ursula Nitter (71) eine Kernbotschaft des Abends gewesen. Interessant sei für sie auch der von EU-Energiekommissar Günther Oettinger angesprochene Punkt gewesen, dass die Energiewende auch Leute betreffe, die erstmal gar nichts davon haben – etwa in Transitländern, auf deren Gebiet die Überlandleitungen stehen. „Ich verstehe, dass für solche Länder noch mehr Anreize geschaffen werden müssen“, so Nitter. Insofern sei für sie auch Oettingers These einleuchtend, dass eine deutsche Energiewende nur im europäischen Umfeld gelingen könne.

Auch für den Bankangestellten Claudio Ramsperger (46) ist dies eine entscheidende Frage: „Lösen wir die Probleme der Energiewende auf der Ebene Region, Deutschland oder Europa?“ Insofern sei für ihn und seine Kollegin Sabine Schwenzer (42) die Zusammenstellung der Diskutanten gelungen gewesen – auch wenn am Ende natürlich kein Patentrezept für eine erfolgreiche Energiewende aufgezeigt worden sei. Über eine Anregung Dürrs will sich Ramsperger ganz privat noch ein paar Gedanken machen: „Dass die Heizungspumpe einer der größten Stromfresser im Haushalt ist, das war mir neu.“