Die SGS Großaspach trumpft groß auf. Der Dorfverein ist aktuell Dritter in der dritten Liga. Und am Samstag empfängt die Mannschaft Magdeburg zum Spitzenspiel. Vater des Erfolgs ist Trainer Rüdiger Rehm.

Großaspach - Das wäre ja ein Ding, wenn diese Ära jetzt tatsächlich noch genau bis Juni 2018 dauern würde. Dann könnte Rüdiger Rehm (36) ein Jubiläum feiern, sein zehnjähriges bei der SG Sonnenhof Großaspach. So was kommt selten vor in diesem Geschäft. Aber vielleicht ist es auch so, dass der Trainer im Juni 2018 schon bei einem anderen Verein tätig ist, in der Bundesliga oder in der zweiten Liga. So steht Rehm aktuell beim Karlsruher SC auf der Liste. Der Sportdirektor Jens Todt hat sich schon ausführlich nach ihm erkundigt. Das heißt erstens, dass sich seine Fähigkeiten herumgesprochen haben – und zweitens sagt Rehm vor der Partie am Samstag (14 Uhr) gegen den Tabellenfünften 1. FC Magdeburg: „Im Fußball weiß man nie.“ Alles ist also möglich, soll das heißen – auch, dass die SG in die zweite Liga aufsteigt.

 

Auf jeden Fall steht nun ein Spitzenspiel auf dem Programm, weil der kleine Club mit dem kleinsten Etat (2,3 Millionen Euro) aller Drittligisten auf dem dritten Tabellenplatz liegt. Doch nicht nur deshalb ist das eine ganz besondere Geschichte.

Rehm hätte seine Entlassung verstanden

So hätte es selbst Rehm im Oktober 2014 verstanden, wenn er entlassen worden wäre. An nahezu jedem anderen Standort wäre das nach einer schwarzen Serie von neun Begegnungen mit sieben Niederlagen und zwei Unentschieden vermutlich auch passiert – aber nicht bei Sonnenhof Großaspach. Die Verantwortlichen dort erkannten zwar auch, dass sich etwas ändern muss, zumal Rehm zu dieser Zeit gerade seinen Trainerlehrgang in Köln absolvierte und die Mannschaft unter der Woche gar nicht richtig betreuen konnte. Doch dann wählte die SG eine im deutschen Profifußball bis dahin einmalige Lösung. Rehm wurde nicht gefeuert, sondern nur bis zum Ende der Saison freigestellt. So lange sollte Uwe Rapolder übernehmen, ehe Rehm auf seinen Posten zurückkehrt. Das Comeback folgte dann aber sogar noch schneller als geplant – nämlich schon am 25. Februar 2015. Rehm, jetzt mit Trainerlizenz ausgestattet, schaffte noch den Klassenverbleib. „Danke für das Vertrauen“, sagt er heute.

Womöglich macht dieses Modell in der Branche ja sogar Schule, denn dass es erfolgreich sein kann, zeigt sich spätestens in diesen Wochen. Trotz ihrer bescheidenen Rahmenbedingungen mit nur 4,5 hauptamtlichen Stellen im Geschäftsbereich mischt die SG vorne mit. „Für mich ist unsere Entwicklung aber keine Überraschung, sondern das Produkt harter Arbeit“, sagt Rehm.

Dazu steckt ein klares Konzept hinter dem Höhenflug des erst 1994 gegründeten Vereins, der Schritt für Schritt weitergekommen ist. Das Motto: es geht unaufgeregt voran, aber es geht voran. In diesem Zug hat die SG auch Trainer ausgebildet, die wie Markus Gisdol (Hoffenheim) und Alexander Zorniger (VfB Stuttgart) in der Bundesliga gelandet sind. Dazu steht Thomas Letsch in der zweiten österreichischen Liga beim FC Liefering unter Vertrag – insgesamt eine erstaunliche Bilanz, worauf die SG schon ein bisschen stolz ist. Ist Rehm der Nächste, der es nach oben schafft?

U-20-Nationalspieler als Neuzugang

Das kann er nicht sagen, doch lieber spricht er ohnehin über das Team, das er geformt hat. In dem Neuzugang Max Dittgen (aus Nürnberg) stellt die SG aktuell sogar einen deutschen U-20-Nationalspieler, übrigens als einziger Drittligist. Dittgen kam im Sommer aber auch in ein intaktes Gefüge, da der erste Teil der Clubstrategie darin besteht, über Jahre hinweg auf einen Stamm von Spielern zu bauen, „denen klar ist, worauf wir fußballerisch Wert legen und um was es bei uns geht“, sagt Rehm.

Der zweite Eckpfeiler der Philosophie sieht so aus, dass darauf geachtet wird, viele Spieler aus der Region zu verpflichten, die Deutsch sprechen. „Ich bin nicht Englischlehrer, sondern Trainer“, sagt Rehm.

Im nächsten Satz erklärt er auch, was er ebenfalls nicht ist – er ist kein Systemfanatiker. „Als Trainer sollte man sich nicht einer einzigen Spielidee verschreiben und sagen, das ziehen wir jetzt gegen jeden Gegner durch“, sagt Rehm. Vielmehr stehe er für Flexibilität. „Wir haben immer mehrere Optionen, wie wir agieren und reagieren können“ – notfalls sogar im Verlaufe einer Partie. Das haben die Spieler verinnerlicht. Und so ist die SG nur sehr schwer auszurechnen – ein Trumpf, der in dieser Saison schon öfter gestochen hat.

Der Erfolgsweg ist noch nicht zu Ende

Diese positive Zwischenbilanz ist für Rehm dann kein Zufall, sondern das Ergebnis „des Wegs, den wir gehen und der noch nicht zu Ende ist“. Dabei stehe nicht das nächste Ziel im Vordergrund. Dagegen laute der Anspruch, „dass wir uns stetig verbessern“. Und dann werde man ja sehen, wozu das führt. „Im Fußball gibt es kein Limit“, sagt Rehm. Das gilt dann sowohl für die SG Sonnenhof Großaspach ganz allgemein als auch sehr speziell für ihn.