Im alten Fachklassentrakt am Ludwigsburger Innenstadtcampus sind erhöhte PCB-Werte in der Raumluft gemessen worden. Das stelle kein akutes Gesundheitsrisiko dar, betont das Gesundheitsamt, dennoch müsse gehandelt werden.

Ludwigsburg - Die Stadt Ludwigsburg kommt schon bisher kaum nach mit dem Bau und der Sanierung von Schulen. Im März ist nun auch noch der alte Fachklassentrakt am Innenstadtcampus in Verruf geraten. Erhöhte PCB-Werte in der Raumluft zeigen, dass Handlungsbedarf besteht. Obwohl das Gesundheitsamt das Gesundheitsrisiko als eher gering einstuft: Die Eltern sind beunruhigt. Nach den Osterferien will der Fachbereich Schule und Familie Eltern und Lehrer in einer großen Informationsveranstaltung über die aktuellsten Messergebnisse und notwendige Gegenmaßnahmen aufklären.

 

PCB steht für Polychlorierte Biphenyle. Es handelt sich um giftige Chlorverbindungen. Dass es sie in bedenklicher Konzentration in der Raumluft des Fachklassentrakts gibt, wurde durch Zufall entdeckt. Eigentlich hatte die Verwaltung im Herbst Experten ausgesandt, um zu überprüfen, ob es in den Biologie-, Physik- und Chemieräumen eine erhöhte Konzentration von Dioxin oder Furanen gibt. Das hätte die logische Folge aus einem schon Jahre zurückliegenden Brand in dem Gebäude sein können. Auslöser war die besorgte Anfrage einer Lehrerin des Mörike-Gymnasiums, die über immer wiederkehrende Kopfschmerzen und Übelkeit geklagt hatte.

Regelmäßig werden nun Fenster geöffnet

Die Messungen aber ergaben, dass keine erhöhte Dioxin-Belastung vorliege, sehr wohl aber bedenklich Mengen der möglicherweise krebserregenden Chlorverbindungen. „Die Experten vermuten, dass das PCB aus Dehnfugen austritt“, sagt Renate Schmetz, die Leiterin des Fachbereichs Bildung und Familie. Gemessen wurden 701 Nanogramm PCB in einem Kubikmeter Luft, der sogenannte Vorsorgewert liegt bei 300 Nanogramm. Als gesundheitsgefährdend gilt eine Konzentration von 3000 Nanogramm PCB. In diesem Fall müsste das Gebäude geschlossen werden.

Das Gesundheitsamt hat erklärt, dass mit den gemessenen PCB-Werten „noch keine akuten Gesundheitsgefahren“ einhergingen. „Auch langfristige, nachteilige gesundheitliche Einflüsse sind nicht zu befürchten“, so das Amt. Weiter heißt es aber auch: „Unabhängig davon gilt als Maß der Beurteilung der Vorsorgegedanke, das heißt, jegliche, auch latente Risiken sollen vermieden werden. Durch kurzfristige Maßnahmen oder auch mittelfristige bauliche Maßnahmen sollten die Werte dauerhaft unter den sogenannten Sanierungsleitwert gesenkt werden.“

Zunächst sei veranlasst worden, dass die Fenster im Fachklassentrakt täglich eine halbe Stunde geöffnet werden, sagt Schmetz: „Wir haben eine externe Firma damit beauftragt.“ Außerdem werde eine Methode zur Luftreinigung getestet. Es wurde ein Filter eingebaut, der die Luft einzieht und sie idealerweise gereinigt wieder abgibt. Ob die Methode die gewünschte Wirkung hat, ist noch nicht bekannt.

Stadt am Pranger?

Nach dem Abschluss der Messungen waren zunächst die Schulleiter und Lehrer der Campusschulen in Kenntnis gesetzt worden. Danach wurde damit begonnen, die Elternbeiräte zu informieren. Es sei sehr sachlich diskutiert worden, sagt Ulrike Kraft, die Beiratsvorsitzende des Schiller-Gymnasiums. Manche Eltern seien sehr verunsichert, berichtet Christina Bechmann: „Aber man darf jetzt nicht einfach die Stadt an den Pranger stellen“, ergänzt die Elternsprecherin am Mörike-Gymnasium. Wichtig sei, dass etwas geschehe und dass die Untersuchung transparent sei.

Man achte darauf, dass sich die einzelnen Klassen nur noch kurzzeitig im Fachklassentrakt aufhalten müssten, sagt Klaus Arnold, der Leiter des Schiller-Gymnasiums. „Wir sind in einer relativ privilegierten Lage“, sagt Wolfgang Medinger vom Goethe-Gymnasium. „Unsere Klassen waren nur von Mitte 2015 an in dem Gebäude, und sie werden diesen Juli wieder ausziehen. So lange dauert der Umbau der Goethe-Hauptgebäudes.

Giftige Luft und Raumnot

Der alte Fachklassentrakt am Innenstadtcampus heißt so, weil es längst auch einen neuen gibt. Doch die ursprüngliche Absicht, den alten Betonbau abzureißen, musste verworfen werden. Das Raumangebot am Campus reicht nicht, außerdem muss er immer wieder als Interimsdomizil für Schulen herhalten, deren Stammgebäude saniert wird – wie zurzeit das des Goethe-Gymnasiums.

Auf die Information der Elternbeiräte soll eine Information für alle Eltern folgen. Einen Termin gibt es noch nicht, gedacht ist an die erste Woche nach den Osterferien.


Im Bildungszentrum West kämpft die Stadt seit Jahren gegen Luftschadstoffe. Nach der Schließung einzelner Räume wurden Reinigungsmaßnahmen angeordnet. Im Februar wurde beschlossen, die betroffenen Gebäude abzureißen und neu zu bauen.