Eine Bemerkung seiner Sitznachbarin im Sinfonie-Konzert inspirierte Jungjournalist Moritz Siebert vom „Schwäbischen Tagblatt“ zu einem spannenden Rechenexempel. Das Ergebnis ist ausgezeichnet, findet die Jury des Erich-Schairer-Preises.

Stuttgart - Ein guter Journalist sieht und hört sich immer genau um. Nur so stößt er auf Themen, die mitreißen. Dazu ein stringentes Konzept, eine treffsichere Wortwahl und eine Prise Humor, fertig ist ein guter Artikel. Drei junge Journalisten sind für ihre Werke jetzt mit dem Erich-Schairer-Preis ausgezeichnet worden. Moritz Siebert vom „Schwäbischen Tagblatt“ verdankt seinen ersten Platz und die damit verbundenen 3000 Euro einer Frau, die im Sinfoniekonzert neben ihm saß. Weil sie sich beklagt, dass 25 Euro für eine Karte „ganz schön teuer“ seien, rechnete er der Dame in der Zeitung vor (PDF), dass sie künftig doch die 33-Euro-Karte kaufen solle – weil sie dank Subventionen 132 Euro sparen könne.

 

48 Texte von 27 Teilnehmern

„Es waren so viele gute journalistische Arbeiten, dass wir Mühe hatten, uns zu entscheiden“, sagte Jury-Mitglied und StZ-Autorin Sibylle Krause-Burger im Lindenmuseum. 48 Stücke von 27 Teilnehmern unter 35 Jahren standen zu Wahl für den Preis der Erich-Schairer-Journalistenhilfe, den der Verein in Zusammenarbeit mit der Stuttgarter Zeitung vergibt. Die Texte mussten im vergangenen Jahr in einer baden-württembergischen Zeitung erschienen sein. Platz 2 und 2000 Euro sicherte sich Annegret Jacobs mit ihrer Glosse über den geplanten Turbokreisel in „Münschingän“ (PDF) in „Strohgäu-Extra“, einer Lokalausgabe der Stuttgarter Zeitung und der Stuttgarter Nachrichten. Weil sie derzeit durch Weißrussland reist, ließ sich von Kristina Petry vertreten. Michael Beuther belegte Platz 3 und erhielt dafür 1000 Euro. In der „Schwäbischen Post“ unkte er, der Gmünder Bahnhofsbäcker müsse hinter den Zugausfällen stecken (PDF).

„Schreiben ist ein schwieriges Geschäft“, sagte Krause-Burger. Das gelte besonders für die kurzes Form, die mit dem Preis gewürdigt wird. Witz, Prägnanz und Zivilcourage seien zwingend.

Wie wichtig engagierter Journalismus ist, machte Sibylle Thelen von der Landeszentrale für politische Bildung in ihrem Vortrag deutlich. Eine Gesellschaft der Vielfalt könne nur gelingen, wenn Erfahrungen der Vergangenheit in die Entscheidungen der Gegenwart mit einfließen. Durch das große mediale Echo auf die Geschichte des Ersten Weltkriegs rücke auch der Völkermord an den Armeniern 1915 in ein neues Licht. Seine Verflechtung mit der Geschichte Europas schärfe den Blick für bedrohte Heterogenität.

Namensgeber Erich Schairer habe sich bewundernswert für engagierten Journalismus eingesetzt. „Sein journalistisches Credo ist beflügelnd in diesen Zeiten, in denen viele vom Journalismus im Sinkflug der Auflagenzahlen sprechen.“ Man dürfe nicht vergessen, junge Talente zu würdigen „und sich von Herzen zu freuen, dass es sie gibt“.

Junge Talente würdigen