Die betroffenen Vorstandsmitglieder weisen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurück. Der Aufsichtsrat wird die Resultate des dreijährigen Verfahrens nun prüfen.

Stuttgart - Nachdem die Stuttgarter Staatsanwaltschaft nach dreijährigen Ermittlungen Anklage gegen zwei amtierende und fünf ehemalige Vorstandsmitglieder der LBBW erhoben hat, sind die Betroffenen sogar erleichtert. Ihr Hauptziel, das sie mithilfe renommierter Strafverteidiger verfolgten, haben sie aus ihrer Sicht erreicht: Sie sehen den Vorwurf der schweren Untreue als entkräftet an. Im Zusammenhang mit Investments in verbriefte Papiere, die hauptsächlich aus privaten und kommerziellen US-Immobilienkrediten bestanden, seien die Ermittlungen „wegen fehlenden Verdachts eingestellt worden“, teilten der LBBW-Vizechef Michael Horn, der Kapitalmarktvorstand Hans-Joachim Strüder sowie die ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder Siegfried Jaschinski, Peter Kaemmerer, Joachim Schielke, Bernhard Walter und Rudolf Zipf in einer gemeinsamen Stellungnahme mit. Sie sähen sich „durch die Staatsanwaltschaft entlastet“, betonen alle sieben.

 

Die Anklagebehörde indes hat eine etwas andere Sicht der Dinge. Das durch den Untreueverdacht ausgelöste Mammutverfahren sei eingestellt worden, erklärte die Staatsanwaltschaft. Dies heiße aber nicht, dass sich der Verdacht, die Beschuldigten hätten der LBBW „einen Vermögensnachteil“ wegen der seit Ende 2006 getätigten Verbriefungsgeschäften zugefügt, in Luft aufgelöst hat. Sondern: „Nach den durchgeführten Ermittlungen lässt sich der Nachweis untreuerelevanten Handelns nicht mit der für eine Anklageerhebung erforderlichen Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung führen.“ Mit vielen der sogenannten ABS-Geschäfte (Asset backed securities) habe sich der Vorstand gar nicht befasst. Zudem ließe sich pflichtwidriges Verhalten nicht nachweisen, also das bewusste Eingehen von eindeutig verlustgefährdeten Geschäften oder das Halten von Papieren trotz hoher Wertverluste. Insgesamt haben die Strafverfolger 2700 ABS-Positionen des Konzerns untersucht. Aber nur 350 seien im Vorstand thematisiert worden.

Zweckgesellschaften auf den Kanalinseln gegründet

Im Raum steht jetzt der Vorwurf der Bilanzfälschung. Neben der damaligen Vorstandsriege trifft er zwei LBBW-Mitarbeiter, die mutmaßlich Beihilfe zur unrichtigen Darstellung in den Geschäftsberichten 2005, 2006 und 2008 geleistet haben. Zudem werden zwei Wirtschaftsprüfer von PWC angeklagt: Sie hätten ihre Berichtspflichten verletzt, weil sie die fraglichen Abschlüsse testiert haben. Pikant: Bis 2003 hat der heutige Aufsichtsratschef Hans Wagener für PWC die LBBW-Abschlüsse geprüft. Auch damals hatte die Bank Zweckgesellschaften außerhalb der Bilanz. Da die Bank diese Investmentvehikel, die unter anderem auf den Kanalinseln gegründet wurden, in Wahrheit beherrscht habe, hätten sie bilanziert werden müssen, argumentieren die Staatsanwälte. „Warum hätten wir etwas verschleiern sollen?“, fragen sich die Betroffenen. Die Bank habe doch mit den Zweckgesellschaften Geld verdient.

Der zweite Punkt betrifft das Jahr 2008: Damals sei die LBBW „akut in ihrem Bestand gefährdet gewesen“, so die Behörde. Dies zeige auch die nötige Kapitalerhöhung um fünf Milliarden Euro sowie der Risikoschirm über zwölf Milliarden. „Diese dramatische Lage“ sei verschleiert worden. Der frühere PWC-Deutschland-Chef Wagener äußerte sich am Mittwoch für den Aufsichtsrat: Er „wird bei der Prüfung, ob und gegebenenfalls welche Konsequenzen zu ziehen sind, die Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft berücksichtigen“. Das Gremium tagt Mitte Dezember. Die 14. Kammer des Landgerichts Stuttgart wird nun entscheiden, ob sie den Prozess eröffnet. Bei einer Verurteilung droht den Hauptbeschuldigten, den Vorständen und den Prüfern, bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe.