Damit die Lieblingsspeisen von Kindern künftig nicht mehr nur Döner und Pizza sind, ist seit Kurzem das sogenannte Slow Mobil unterwegs – auch in Stuttgart. Kinder lernen dort, mit regionalen und marktfrischen Lebensmitteln zu kochen.

Stuttgart - Fragt man die zehnjährige Sharniya nach ihrem Lieblingsessen, gibt sie eine Antwort, die wohl viele Kinder ihres Alters geben würden: „Döner und Pizza.“ Seit vergangenem Freitag hat Sharniya ihre Liste jedoch erweitert – um Gemüsewraps und Smoothie. Und daran ist nicht zuletzt das neue Slow Mobil Stuttgart schuld, das an der Rosensteinschule erstmals Station gemacht hat.

 

Seit dem 9. April ist das Slow Mobil im Einsatz, das erste seiner Art in der Landeshauptstadt. Dabei handelt es sich um eine kompakte Küche in einem Transporter. Unter pädagogischer Anleitung sollen Kinder von sechs bis zwölf Jahren hier in kleinen Gruppen gemeinsam kochen. „Die Idee ist, aus marktfrischen, regionalen Lebensmitteln selbst ein einfaches Gericht zuzubereiten“, erläutert Waltraud Ulshöfer vom Verein Junior Slow Stuttgart die Idee. Seit nunmehr fünf Tagen steht das Fahrzeug auf dem Pausenhof der Rosensteinschule. Die Schüler hier sind die ersten, die an der langen hölzernen Tafel Platz nehmen dürfen, um gemeinsam zu schnippeln, zu kochen und anzurichten.

Manche Kinder haben noch die Rote Beete gesehen

„Wir haben kleine Gruppen von sechs bis acht Schülern. Dabei gibt es keine Aufgabenverteilung, jeder soll an allen Arbeitsschritten teilnehmen“, sagt Ulshöfer. Jeden Tag ist nur eine Gruppe dran, denn der Kochprozess dauert bis zu drei Stunden. „Es geht uns darum, den Kindern Essen als Kulturgut nahezubringen. Sie sollen Lebensmittel kennenlernen, schmecken, ausprobieren dürfen. Und wir wollen ihnen zeigen, was wann zu welcher Jahreszeit blüht“, fügt Markus Wagner, ebenfalls Mitglied von Junior Slow Stuttgart, hinzu. Seine Mitstreiterin nickt. „Es gibt Kinder, die zum Beispiel Rote Beete noch nie gesehen haben und richtig staunen, wenn sich plötzlich ihre Hände rot färben“, sagt Waltraud Ulshöfer, die Frau von OB Fritz Kuhn, lächelnd. Wie alle anderen in ihrem Team arbeitet auch sie ehrenamtlich in dem Projekt mit. „Es macht Spaß, gemeinsam Rezepte auszuprobieren und sich einmal ganz in Ruhe und voller Genuss auf die Lebensmittel einzulassen.“ Gekocht wird dabei vegetarisch, weniger aus ideellen als aus hygienischen Gründen, wie Ulshöfer betont.

Sharniya scheint es in der rollenden Küche auf jeden Fall zu gefallen. Unter der Anleitung von Tina Engelhardt schneidet sie gerade Obst in Stücke. „Das macht Spaß. Wir haben den Tunnelgriff gelernt, dass man sich nicht in den Finger schneidet“, sagt sie stolz. Sie will das heutige Rezept – Pfannkuchenwrap mit Gemüse und Kräuter-Dip und einen Smoothie aus Äpfeln und Birnen – auf jeden Fall zuhause nachkochen.

Das Geld kommt von der Bürgerstiftung und aus Spenden

Doch nicht nur ihr gefällt das Kochprojekt. Bei der bislang letzten Kindertaler-Jury der Bürgerstiftung Stuttgart wählten 150 Kinder und Jugendliche das Slow Mobil zum Gewinner. Als Preis erhielt das Projekt eine Sofortförderung von 10 000 Euro sowie eine Spendenkampagne der Bürgerstiftung. „Wir haben in Restaurants Brotkörbchen verteilt – mit der Bitte um eine Spende“, sagt Nicole Scholl, Gründungsmitglied der Jungen Stifter bei der Bürgerstiftung Stuttgart. Das hat sich wirklich gelohnt: 45 000 Euro sind auf diesem Weg für den laufenden Betrieb des Mobils zusammengekommen. Die Bürgerstiftung gab zusätzlich 70 000 Euro, um den Kauf des Fahrzeugs zu unterstützen.

Weitere Schulen sollen nun folgen. „Jede Schule oder jeder Verein kann uns buchen. Er zahlt einmalig 150 Euro für die Anfahrt, ansonsten ist alles kostenlos. Egal, wie lange wir bleiben und egal wie viele Schüler daran teilnehmen“, sagt Waltraud Ulshöfer. „Wir bleiben so lange, bis jedes Kind, das will, gekocht hat“.