Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch und Diabetes-Experten kritisieren die Produzenten von Kinderlebensmitteln. Diese sind zu fett und enthalten zu viel Zucker. Die Werbung dafür sollte gestoppt werden.

Stuttgart - Zu süß und zu fett: Viele so genannte Kinderlebensmittel sind laut einer Studie der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch ungesund. Künftig solle nur noch Werbung für Kinderlebensmittel erlaubt sein, die den Standards der Weltgesundheitsorganisation (WH0) entsprechen, sagte Foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode in Berlin. Dieser Forderung schließt sich die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) an.

 

Wie viele Kinder sind übergewichtig oder gar fettleibig? Zwar gibt es dazu nach Angaben von Stefanie Gerlach von der Deutschen Diabetes-Hilfe keine aktuellen Untersuchungen. Aus dem Zeitraum von 2003 bis 2007 sei bekannt, dass 15 Prozent der Kinder bis 12 Jahren übergewichtig und 6,3 Prozent fettleibig seien. Und das habe sich seither nicht verbessert. Aus Sicht von Dietrich Garlichs von der DDG muss sich etwas ändern. Im Kindesalter würden die Grundlagen der Ernährungsgewohnheiten für das ganze Leben gelegt.

Fettleibigkeit bei Kindern müsse gestoppt werden, weil sie Krankheiten wie Diabetes auslöse. Schon heute litten sechs Millionen Deutsche am Typ 2-Diabetes. Jedes Jahr kämen 300 000 Kranke hinzu. Und jedes Jahr gingen 40 000 Amputationen und 2000 Erblindungen auf diese Krankheit zurück. Die meisten Kinderlebensmittel seien, so Garlichs, schlichtweg Süßigkeiten: „Marketing für Kinderlebensmittel muss per Gesetz eingedämmt werden, sonst werden wir die Welle der Fehlernährung und Adipositas (Fettleibigkeit) bei Kindern und Jugendlichen nicht stoppen.“ Diese Lebensmittel sind Waren, die speziell für Kinder gestaltet und beworben werden – sei es über Comicfiguren auf der Packung, Spielzeugbeigaben oder Online- und Gewinnspielaktionen. Foodwatch hat 281 dieser Produkte wie Müsli, Frühstücksflocken, Softdrinks, Säfte, Kekse, Tees, Puddings, Schokolade und Joghurts untersucht. Das Ergebnis: 90 Prozent von ihnen erfüllen die WHO-Kriterien für ausgewogene Kinderlebensmittel nicht. Sie schreiben zum Beispiel vor, dass Frühstücksflocken maximal zu 15 Prozent aus Zucker bestehen dürfen – ein Wert, den viele der untersuchten Produkte weit übertreffen.

Viele Hersteller machen nicht mit

Zwar haben sich einige Hersteller 2007 freiwillig verpflichtet, nur noch solche Waren bei Kindern zu bewerben, die gewisse Standards einhalten. Die sind allerdings weit großzügiger als die WHO-Vorgaben. So ist bei der Selbstverpflichtung in Frühstücksflocken ein Zuckeranteil von 30 Prozent möglich. Zudem machen viele Hersteller wie Haribo, Bahlsen, Ehrmann oder Dr. Oetker bei der Selbstverpflichtung nicht mit. Thilo Bode sieht diesen Ansatz deshalb als gescheitert an. Die Bundesregierung müsse vielmehr die Werbung für unausgewogene Kinderlebensmittel gesetzlich stoppen – also für Ware, die den WHO-Empfehlungen nicht entspricht. Leider lehne Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) diesen Vorstoß ab: „Schmidt betreibt das Geschäft der Lebensmittelindustrie auf Kosten der Kinder.“

Die Lebensmittelindustrie selbst wehrt sich und bezeichnete die Untersuchung von Foodwatch als unseriös. Die Nährwertprofile der WHO seine eine reine Empfehlung und keine verpflichtende Vorgabe, heißt es beim Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft.