Die grün-rote Landesregierung will das Thema gesunde Ernährung im Bildungsplan verankern. Mit Infokampagnen an den Pädagogischen Hochschulen sollen künftige Lehrer vorbereitet werden. Auch das Beratungsangebot für Mensen wird ausgebaut.

Stuttgart - Die vierjährige Tochter isst in der Kita, ihr Bruder in der Schulmensa, Mutter und Vater in der Betriebskantine – die gesellschaftlichen Veränderungen haben großen Einfluss auf das Essverhalten. „Es wird immer weniger zuhause gekocht, das Wissen über Lebensmittel und deren Zubereitung sinkt“, sagt der Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Zugleich nähmen ernährungsbedingte Krankheiten wie Diabetes zu, mit steigenden Kosten im Gesundheitswesen. Die Landesregierung werde deshalb die Ernährungsbildung ausbauen, kündigten Kretschmann und der Verbraucherminister Alexander Bonde (Grüne) am Dienstag nach der Kabinettssitzung an. Auch der Kultusminister Andreas Stoch (SPD) habe sich dafür „sehr offen“ gezeigt.

 

Das Thema Ernährung soll in den Leitprinzipien des neuen Bildungsplans 2015 verankert und im Schulalltag aufgegriffen werden. Etwa ab Klasse Sieben unter der Überschrift „Prävention und Gesundheitsförderung“, „Verbraucherbildung“ sowie im Wahlpflichtfach „Alltagskultur, Ernährung, Soziales (AES)“ an Werkreal-, Real- und Gemeinschaftsschulen. Geplant seien zudem eine Informationskampagne an den Pädagogischen Hochschulen sowie die Fortbildung von Studierenden in den Lehrerseminaren. So könne sicher gestellt werden, dass die künftigen Lehrer die Angebote zur nachhaltigen Ernährung bereits kennen und in ihren Unterricht einbauen können, sagte Bonde.

Qualitätssicherung für Schulmensen

Gleichzeitig werde das Land sich stärker um ausgewogene Ernährung und Qualitätssicherung für die immer zahlreicher werdenden Mittagstischen in Kindertagesstätten und Schulen kümmern. „Wir wollen Impulse geben und den Kommunen und anderen Trägern praktische Hilfe anbieten“, betonte der Minister. Das reiche von Konzepten für die Ausstattung von Schulmensen bis hin zu Speiseplänen. 60 Praxisbegleiter seien dafür in 20 regionalen Netzwerken für Schulverpflegung im Einsatz. Neuerdings können sich auch Kindertagesstätten an diese Stellen wenden.

Damit all diese Änderungen möglich werden, seien die beiden Landesinitiativen mit einem in Deutschland einmaligen Netzwerk von 450 fachlich qualifizierten Honorarkräften weiter entwickelt worden, erläuterte Bonde. Die Ernährungserziehung für Kinder etwa gibt es bereits seit 1980, sie wurde 2003 umbenannt in die Landeserziehung BeKi – Bewusste Kinderernährung. Die BeKi-Fachfrauen arbeiten beispielsweise in Kitas und Schulen mit den Kindern, gehen mit ihnen einkaufen, bereiten gesundes Frühstück zu und informieren bei Elternabenden. Künftig sollen sie auch mit Studenten arbeiten und Unterrichtskonzepte zur nachhaltigen Ernährung entwickeln. Die Landesinitiative „Blickpunkt Ernährung“ gibt es seit 2001, sie informiert umfassend über Lebensmittel, seit 2009 ist die Information von Kindern und Jugendlichen ein Schwerpunkt. Die 450 Ernährungsexperten beider Initiativen haben im vergangenen Jahr gut 8000 Veranstaltungen angeboten. Das Verbraucherministerium steuert dafür 1,6 Millionen aus seinem Etat bei. Eine Aufstockung der Mittel sei trotz der neuen Aufgaben nicht vorgesehen, sagte der Minister.

Haushaltskurse für Familien in schwierigen Lagen

Das immer wichtiger werdende Thema „Außer-Haus-Verpflegung“ soll auf einem Kongress im Frühsommer aufgegriffen werden, mit Vertretern von Ganztageseinrichtungen bis hin zu Seniorenheimen. Zudem gibt es ein neues Programm für Familien in schwierigen Lagen, das gemeinsam mit Wohlfahrtsverbänden und Jobcentern entwickelt wurde. In Kursen wird praktisches Wissen rund um Essen, Einkauf und Haushaltsführung vermittelt. Bonde sagte, mit dieser Hilfestellung sei das Land Vorreiter in Deutschland.