Jetzt ist alles klar: Die CDU-Chefin tritt beim Parteitag in Essen wieder an - und auch zur vierten Kanzlerkandidatur. Die SPD hält Merkel für besiegbar, ist aber noch ohne Kandidaten. Und bei der CSU klingen versöhnliche Worte über die erneute Kandidatur an.

Berlin - CDU-Chefin Angela Merkel will 2017 zum vierten Mal Kanzlerin werden - und stellt sich auf einen harten Wahlkampf ein. Deutschland und die CDU hätten ihr viel gegeben. Das wolle sie „auch in einem nicht einfachen Wahlkampf“ zurückgeben, sagte Merkel am Sonntag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur in der Vorstandsklausur ihrer Partei. Über die Entscheidung für eine erneute Kandidatur als CDU-Chefin und für das Kanzleramt habe sie „Stunden über Stunden“ nachgedacht. Die Parteispitze beriet über einen auf Merkel zugeschnittenen Leitantrag für den Bundesparteitag im Dezember. Darin geht es um Stabilität in unsicheren Zeiten.

 

CDU-Spitzenpolitiker äußerten sich durchweg erleichtert über die Ankündigung Merkels. Die 62-jährige Parteivorsitzende will sich unter dem Eindruck weltweiter Krisen und zunehmender politischer Unsicherheit beim Delegiertentreffen in Essen am 6. Dezember der Wiederwahl stellen.

Seehofer stellt sich hinter Merkel

Trotz unüberbrückbarer Differenzen - wie bei der Forderung nach einer Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme - stellte sich auch CSU-Chef Horst Seehofer hinter Merkel. „Es ist gut, dass jetzt Klarheit herrscht und dass sie sich entschieden hat“, sagte er in München. Nun werde man klären, mit welchen Themen man gemeinsamen in den Wahlkampf gehe - und wo es bei Differenzen bleibe. Aber an der „gemeinsamen Kanzlerkandidatin“ könne man ja jetzt nicht ersthaft zweifeln.

DGB-Chef Reiner Hoffmann begrüßte im „Tagesspiegel“ (Montag), dass Merkel Klarheit geschaffen hat. „Wir benötigen jetzt aber auch Klarheit bei der SPD.“ Deshalb sei es an der Zeit, dass sich SPD-Chef Sigmar Gabriel erkläre. Mit Merkels Entscheidung rund zehn Monate vor der Bundestagswahl könnte Gabriel unter Druck geraten, nun die Kanzlerkandidatur in seiner Partei zu klären. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte der dpa in Berlin: „Die Bundestagswahl ist offen, Angela Merkel ist nicht mehr unschlagbar.“

Die Linke prophezeite für den Fall einer weiteren Amtszeit der Kanzlerin die Fortsetzung einer „Politik der sozialen Spaltung“. Die Grünen kündigten einen harten Wahlkampf über Klimaschutz und gesellschaftlichen Zusammenhalt an. FDP-Chef Christian Lindner hielt Merkel eine „angegrünte“ Innenpolitik vor und sagte der dpa: „Die Union zieht ihren letzten Trumpf und weiß nicht, ob er noch sticht.“

Freude über demokratische Auseinandersetzung

SPD-Chef Gabriel hatte am Samstag bei einem Landesparteitag in Erfurt gesagt: „Wir freuen uns auf eine demokratische Auseinandersetzung.“ Auf die Frage, ob die SPD nun im Zugzwang sei, sagte er: „Das heißt nichts für die SPD.“ Gabriel hat bisher offen gelassen, ob er als Kanzlerkandidat antritt. Auch EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) werden Ambitionen nachgesagt.

CDU-Vize Armin Laschet sagte vor dem CDU-Treffen, Merkel habe in den vergangenen Tagen und Wochen viel außenpolitisches Lob erfahren. „Ich finde es wichtig, dass wir jemanden haben, der die Gesellschaft im Inneren zusammenhalten kann.“ EU-Kommissar Günther Oettinger sagte, „fast alle“ Europäer wünschten sich, dass Merkel noch lange Verantwortung im Europäischen Rat trage.

Merkel ist seit April 2000 CDU-Vorsitzende und seit November 2005 Kanzlerin. Sollte sie 2017 zum vierten Mal gewinnen, hat sie die Chance, CDU-Mitbegründer Konrad Adenauer und auch Rekordhalter Helmut Kohl einzuholen. Adenauer war 14 Jahre, Kohl 16 Jahre Bundeskanzler.

Bürger wünschen sich nach Umfrage weitere Amtszeit

Nach einer Emnid-Umfrage im Auftrag der „Bild am Sonntag“ wünschen sich 55 Prozent der Bürger eine weitere Amtszeit Merkels, 39 Prozent sind dagegen. Mit 92 Prozent sei der Rückhalt Merkels bei Anhängern der Union besonders hoch, schreibt die Zeitung. Aber auch 54 Prozent der SPD-Wähler wollten, dass Merkel weitermache.

Trotz der Flüchtlingskrise und der daraufhin einbrechenden Beliebtheitswerte gilt Merkel international nach dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA als letzte Verteidigerin westlicher Werte.

Die CDU will im Wahlkampf enttäuschte Wähler zurückgewinnen und ihre Politik stärker auf Familien und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen ausrichten. Nach dem Entwurf eines Leitantrags für den Parteitag soll sich eine Flüchtlingskrise wie 2015 nicht wiederholen. Integrationsverweigerer sollen mit Sanktionen bis hin zu Leistungskürzungen und Ausweisung rechnen.