Weil weit mehr Flüchtlinge Meßstetten zugewiesen werden als vereinbart, wird die Toleranz der Bewohner der Kleinstadt strapaziert. Nun appelliert Landrat Pauli an den Ministerpräsidenten, die Zusagen des Landes einzuhalten. Das Integrationsministerium will reagieren.

Balingen - Rund 1000 Flüchtlinge sollen ihre ersten Wochen in Baden-Württemberg in der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Meßstetten (Zollernalbkreis) auf der Schwäbischen Alb verbringen. Doch derzeit sind knapp 1500 Asylsuche in der ehemaligen Bundeswehrkaserne untergebracht. Günther-Martin Pauli, CDU-Landtagsabgeordneter und Landrat des Zollernalbkreises, schlägt nun Alarm.

 

Die hohe Zahl der Flüchtlinge führe zu drastischen Personalengpässen bei der Betreuung und zu einer „zunehmend angespannten Situation in der Kernstadt Meßstetten mit ihren 5400 Einwohnern“. Pauli appelliert an den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne), die Versprechungen des Landes einzuhalten. So sei die Zahl der Flüchtlinge in einem Vertrag zwischen Land, Stadt und Landkreis auf maximal 1000 festgelegt worden. „Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit sind im politischen Alltag, aber gerade beim brisanten Thema Flüchtlinge, unverzichtbar“, hebt Pauli hervor.

„Wir können die Menschen nicht obdachlos werden lassen“

„Uns ist die momentan angespannte Lage in Meßstetten sehr wohl bekannt“, sagt ein Sprecher von Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) dazu. Die Erstaufnahmeeinrichtungen in Meßstetten und in Ellwangen sollen kurzfristig entlastet werden. Karlsruhe und Villingen-Schwenningen haben sich kurzfristig bereit erklärt, für das Wochenende Unterkünfte bereit zu stellen. Auch Hechingen prüft, ob eine Unterkunft bereitgestellt werden kann, teilte das Integrationsministerium mit. Günther-Martin Pauli dringt darauf, die ankommenden Flüchtlinge gleichmäßig zu verteilen.

In Meßstetten waren die Flüchtlinge von der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung herzlich willkommen geheißen worden. Der Landrat beobachtet nun, dass Engagement und Hilfsbereitschaft verschlissen würden. Unter anderem gehen viele Flüchtlinge zum Einkaufen von der einige Kilometer außerhalb gelegenen Kaserne ins Zentrum. Dafür ist die Infrastruktur des Ortes nicht eingerichtet. „Dazu gehören unter anderem dringend Toilettenanlagen, dort, wo sich Flüchtlinge im Ortskern bewegen und aufhalten“, sagt Pauli. Er fordert eine wachsamere, wirkungsvollere und kreative Begleitung der Menschen in- und außerhalb des Kasernen-Geländes. Die Toleranz der Bevölkerung dürfe nicht noch weiter strapaziert werden.