Am 12. September sind im Haus Hohenfried die ersten Flüchtlinge eingezogen. Vieles dort ist noch provisorisch, zudem stehen die Anwohner den neuen Nachbarn skeptisch gegenüber.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Rohr - Deutschkurse sind geplant, eine Fachfrau für Gartenarbeit hat sich gemeldet, zwei Dolmetscher wollen beim Übersetzen helfen. Viele Aktionen haben sich die Ehrenamtlichen, die sich im Freundeskreis Flüchtlinge engagieren, bereits überlegt. Gestern nun sind die 44 Asylbewerber im Haus Hohenfried auf der Rohrer Höhe eingezogen. „Der Einzug war unaufgeregt und ist gut abgelaufen“, sagt Stefan Spatz, stellvertretender Leiter vom Stuttgarter Sozialamt. So habe es ihm sein Mitarbeiter vor Ort berichtet. Zu Begrüßung habe der Freundeskreis sogar Brezeln und Getränke bereitgestellt.

 

Zehn alleinstehend, die anderen 34 in einem Familienbund

Das ehemalige Schwesternwohnheim in der Arthurstraße bietet Platz für rund 200 Flüchtlinge. Gestern sind die ersten mit dem Bus aus Karlsruhe angereist. Nach ihrer Ankunft in Deutschland wurden die Asylbewerber dort zunächst im zentralen Flüchtlingslager untergebracht.

In Rohr sind nun Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien, aber auch aus Sri Lanka, Irak, Algerien sowie bereits eine vierköpfige Familie aus Syrien. Zehn davon sind nach Angaben von Spatz alleinstehend, die anderen 34 in einem Familienverbund. Auch fünf Kinder sind dabei. „Das ist ein ganz gutes Setting. Das ist für uns wichtig“, sagt der stellvertretende Leiter des Sozialamtes.

Bereits einen Abend vor der Ankunft hat sich der Freundeskreis Flüchtlinge in der Unterkunft getroffen und beratschlagt, wie sie den neu Angekommenen in den nächsten Wochen und Monaten helfen können, sich ein bisschen heimisch zu fühlen. „Vieles ist allerdings noch provisorisch“, sagt Gudrun Nitsch, die bisher den Freundeskreis federführend koordiniert. Vor allem Deutschkurse wollen die Helfer anbieten, eine Nachbarin hatte sich angeboten, die schulpflichtigen Kinder in die Schule zu fahren. Auch die Begrüßungsaktion hatten die Helfer am Mittwochabend kurzfristig geplant. „Es gibt etliche, die der ganzen Sache mit Interesse und offenen Augen gegenüberstehen“, so das Fazit Nitschs nach dem ersten Treffen der Helfer.

Kooperation mit den Mitarbeitern der Awo

Toll findet Nitsch auf jeden Fall, dass so viele Bereitschaft zeigen, zu helfen. Rund 25 Freiwillige sowie Mitarbeiter der Arbeiterwohlfahrt (Awo) seien zu dem Treffen erschienen. Wichtig sei ihr, dass die Ehrenamtlichen Hand in Hand mit den Mitarbeitern der Awo arbeiten, die vor Ort für die Flüchtlinge zuständig sind. Alles in allem hatten die Helfer und die Mitarbeiter der Awo wenig Zeit, sich auf die ankommenden Flüchtlinge vorzubereiten. „Für die Betreuer der Awo ist das derzeit ein Mordsstress“, sagt Nitsch.

Ursprünglich hätten schon Ende August die ersten Flüchtlinge im Haus Hohenfried einziehen sollen. „Die mussten wir dann aber zunächst in Wangen unterbringen“, sagt Spatz. Der Grund hierfür war schlicht, dass die Renovierungsarbeiten in dem Gebäude in Rohr noch nicht so weit vorangeschritten waren, dass ein Einzug sinnvoll gewesen wäre. Auch jetzt sind noch die Handwerker im Haus unterwegs. Doch die Flüchtlinge seien nach seinen Informationen zufrieden. „Über die Zweibettzimmer haben sie sich sehr gefreut“, weiß Spatz. Zudem seien die Flüchtlinge froh, nun in Stuttgart zu sein. „Jetzt müssen sie richtig ankommen. Dafür brauchen sie Schutz und Sicherheit“, weiß er aus Erfahrung.

Nachbarschaft weiterhin skeptisch

Die Unterkunft an sich hält Spatz für geeignet. Viele Nachbarn haben dies bei einem Informationstreffen vor einigen Wochen nicht so gesehen (wir berichteten). Auch bei Spatz sind noch einige Beschwerden eingelaufen. Erfahrungsgemäß weiß er aber, dass sich die erste Aufregung und Ängste legen. In jeder Nachbarschaft könne es Streit geben, sage er den Leute immer. „Aber wir nehmen die Ängste ernst und versuchen alles sachlich zu lösen“, sagt er. So haben die Anwohner nun auch einen Übersichtsplan mit den wichtigsten Fakten und Ansprechpartnern erhalten.