Der Krieg hat ihre Kindheit geprägt. Kein Wunder, dass viele Mädchen und Jungen während des Ersten Weltkriegs das nachgespielt haben, was sie bei den Erwachsenen beobachtet haben. Wie auf diesem Foto aus Degerloch.

Degerloch - Diesem Foto gab die Redaktion des Schwäbischen Bilderblattes einige erläuternde Sätze mit: „Der Krieg spiegelt sich daheim im Leben und Treiben der Jugend wider. Wir sehen viele Knaben, die an ihren Kleidern irgendein militärisches Abzeichen tragen; wir sehen Kinder in Uniformen jeglicher Gattung; wir können beobachten, wie sie ihren Spielen kriegerischen Charakter verleihen. [...] Das Gefecht bei Degerloch, geliefert von feindli-chen Parteien freundlicher Nachbarskinder, soll vielleicht eine zweite Winterschlacht in Masuren darstellen – wer weiß es! Die Buben kommen ja jetzt auf alle möglichen Gedanken.“

 

Gehorsam und Tapferkeit sind hoch im Kurs

Die Begeisterung fürs Militärische hatte man den Jungen schon früh anerzogen. In Schule und Sportverein standen Werte wie Disziplin, Gehorsam und Tapferkeit hoch im Kurs. Auch auf den Fildern gab es Jugendwehren, die eine vormilitärische Ausbildung anboten. Selbst kirchliche Jugendgruppen waren nicht immer frei von militaristischem Geist.

Aber – und auch das gehört zur ganzen Geschichte – es gab durchaus Gegenbewegungen. Die Arbeiterjugend, zumal die organisierte, stand dem Hurra-Patriotismus des Bürgertums meist ablehnend gegenüber, repräsentierte er doch ein System, das die Arbeiterschaft unterdrückte. Zudem gab es auch in der deutschen Arbeiterbewegung internationalistische Tendenzen – man fühlte sich dem französischen Arbeiter näher als dem preußischen Junker. Die organisierte deutsche Friedensbewegung hatte ihren Schwerpunkt in Württemberg. Auch Gruppierungen wie der Wandervogel wandten sich von einem streng geregelten Lebensstil ab.

Eine Chance für eine junge Fotografin

Der Blick auf den Bildnachweis des am 12. März 1915 erschienenen Fotos überrascht. „Phot. H. Lohß, Stuttgart“ ist da zu lesen – und zwar immer wieder im Schwäbischen Bilderblatt. Es handelt sich dabei um die später als Schriftstellerin vor allem für Kinder- und Jugendbücher äußerst erfolgreiche Hedwig Lohß, 1892 in Stuttgart als Hedwig Staiger geboren; sie starb 1986.

Offenbar hatte die Redaktion der jungen Frau eine Chance gegeben, nachdem viele männliche Fotografen zum Kriegsdienst eingezogen worden waren. Hedwig Lohß schrieb teilweise auch kürzere und längere Texte zu ihren Fotos, ehe sie dann 1920 ihr erstes Buch veröffentlichte, dem Dutzende weitere folgen sollten.