Die Tarifverhandlungen für den Sozial- und Erziehungsdienst machen Fortschritte. Eine neue Notdienstvereinbarung gibt es trotzdem – mit fast doppelt so vielen Kita-Plätzen wie bisher.

Stuttgart - Nach der Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen im Sozial- und Erziehungsdienst rückt ein Kompromiss in Sichtweite. Seit Montagabend setzen die Gewerkschaften und die kommunalen Arbeitgeber die lange unterbrochenen Gespräche in Berlin fort. Details wurden nicht bekannt, doch sind die Verhandlungen auf Spitzenebene als ernsthafter Versuch einer Einigung zu werten. Mit einem Ergebnis wird frühestens für Mittwochnachmittag gerechnet. In diesem Fall würde die Verdi-Streikdelegiertenversammlung am Donnerstag in Frankfurt über den Abbruch des bundesweit unbefristeten Ausstands befinden.

 

Verdi-Chef Frank Bsirske hatte schon vor dem Auftakt der neuen Runde eine Annäherung angedeutet. Am Dienstagmorgen fügte er an: „Jetzt muss es darum gehen, hier in Berlin heute und morgen eine Lösung zusammen zu entwickeln.“ Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) drängte zur Eile: „Im Interesse der Eltern appelliere ich an kommunale Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, sich jetzt schnell zu einigen“, sagte sie der „Bild“-Zeitung. „Der Hort meines Sohnes wurde auch bestreikt“, schilderte sie. „Ich weiß, wie schwer es für viele Eltern zurzeit ist.“

In Baden-Württemberg und Bayern hatten die Gewerkschaften während der Pfingstferien die Streikaktivitäten gebremst. Dennoch wächst auch hierzulande der Druck auf die Tarifparteien, sich zu verständigen. Die Haltung der Eltern sei „schwieriger“ geworden, heißt es bei Verdi.

Zahl der Notfallplätze könnte von 306 auf 576 steigen

Sollte es nicht zur raschen Einigung reichen und auch im Südwesten der unbefristete Streik beginnen, stehen in Stuttgart vom 8. Juni an fast doppelt so viele Notfallplätze für Kitakinder bereit: 576 statt wie bisher 306. Erstmals werden auch in Schülerhäusern 250 Notdienstplätze eingerichtet. Darauf haben sich Verdi und das Jugendamt in einer weiteren Notdienstvereinbarung verständigt – vorsorglich, wie Jugendamtschef Bruno Pfeifle betonte. Wie die Eltern hofft aber auch der Amtschef, dass dieser Notfall von Montag an noch abgewendet werden kann.

„Wir gehen davon aus, dass der Bedarf an Notdienstplätzen beim unbefristeten Streik erheblich steigen wird“, sagte Pfeifle. „Die Ressourcen der Eltern sind ausgeschöpft“, ergänzte der Amtsleiter. Dennoch seien bisher nur etwa 75 Prozent der Notdienstplätze belegt gewesen, in der Regel von älteren Kitakindern. Grund dafür seien nicht nur die streng gefassten Kriterien, nach denen Berufstätigkeit der Eltern allein nicht ausreicht. Auch seien ganz jungen Kindern eine fremde Einrichtung, fremde Kinder und fremde Erzieher nicht zuzumuten. Nicht von ungefähr gebe es normalerweise zunächst eine Eingewöhnungszeit. Grundsätzlich setze das Jugendamt in den Notdienstkitas in erster Linie Erzieherinnen ein, die nicht streiken wollen. Nur wenn diese Zahl nicht ausreiche, dürften auch streikende Mitarbeiter zwangsverpflichtet werden. Dies sei aber noch nicht vorgekommen.