Julia Engelmann wird geliebt. Dann wird sie gehasst. Dann werden die Hater gehasst. Und dann werden die gehasst, die die Hater hassen. Da ist so viel Hass in diesem Internet. Und gerade ist ein Punkt gekommen, an dem ich den Hass leid geworden bin. Ein Essay von Stefanie Ren.

Berlin - Julia Engelmann wird geliebt. Dann wird sie gehasst. Dann werden die Hater gehasst. Und dann werden die gehasst, die die Hater hassen. Da ist so unglaublich viel Hass, Baby, in diesem Internet, oh Baby. Und gerade ist ein Punkt gekommen, an dem ich den Hass leid geworden bin.

 

Bei allem fühlt sich irgendjemand ans Bein gepinkelt. Und manchmal frage ich mich, ob man wirklich zu jedem Mist, der einen aufregt oder kalt lässt, seine Meinung aller Welt kund geben muss. Und ich bin Autor. Ich bin quasi prädestiniert dafür.

Einmal, als ich noch bei der Zeitung gejobbt habe, da musste ich immer die Online-Leserkommentare zu Stuttgart 21 auf Hetzparolen, Schimpfwörter etc. durchgehen, bevor ich sie freischalten durfte. Irgendwann habe ich nicht mehr gewusst, was ich überhaupt noch freischalten kann. Und ich war froh, als ich mich nicht mehr um die Leserkommentare kümmern musste. Jetzt wäre ich froh um jemanden, der das komplette Internet danach durchforstet und nur freischaltet, was zur Diskussion beiträgt. Und nicht beleidigend ist. Und nicht mehr abgehatet wird.

Kein Daumen nach unten

Bei Facebook gibt es mit gutem Grund keinen Daumen nach unten. Mittlerweile fände ich es fast gut, wenn es ihn doch gäbe. Denn dann könnte man mit einem Daumen nach unten alles sagen und sich seinen fiesen Kommentar sparen.

Was mich traurig macht, Baby, in diesem Internet, oh Baby, ist, dass wenn eine Zeitung oder eine Julia Engelmann oder sonst irgendein Horst von etwas Positivem oder Erheiterndem berichtet, dass dann der Großteil der Leute sofort damit kommt, dass so etwas doch keine Nachricht wert sei. „Und in China fällt ein Sack Reis um“, les ich dann. Und: „Was ist mit Syrien? Was mit den Kindern in Afrika? Was mit den Eisbergen? Und, noch viel schlimmer, den Eisbären?“

Ich denke mir dann, dass ihr allesamt scheinheilig seid. Dass ihr euch nämlich nicht mehr freuen könnt - mit anderen oder für andere - das ist nicht die Schuld der anderen.

Ab jetzt nur noch so

Als ich einmal eine nicht ganz ernst gemeinte Kolumne über mein persönliches Missverständnis während eines Castings veröffentlich habe, sind mir die sogenannten Schauspieler fast aufs Dach gestiegen. War aber auch mein meistgelesener und meistdiskutierter Text. Jemand meinte dann zu mir: ab jetzt nur noch so. Und ich dachte mir so: nö. Wenn sich jemand auf den Schlips getreten fühlt, dann war das keine Absicht von mir. Dann war das deswegen, weil der andere einen fünf mal fünf Meter Schlips ausgerollt hatte, den ich aus Versehen berührt habe.

Ich hab keine Lust mehr auf eure schlechte Laune, denn das macht nicht nur mir schlechte Laune. Und dann regt man sich fürchterlich auf und schreibt einen Text, in dem man darüber abhatet, dass es einen nervt, wenn andere über etwas abhaten.

Liebe Menschen, die ihr alle wisst, dass man im Hier und Jetzt leben soll, die ihr keine Probleme damit habt, eine Hetzjagd auf einen Menschen zu unterschreiben, aber eine Petition zur Aufklärung der sexuellen Orientierung an Schulen schon, denen es euch allen auch völlig egal ist „was irgendein Fußballer in seinem Bett macht“, aber natürlich nicht darüber nachdenkt, dass er niemals mit seinem Partner Händchenhaltend durch die Straßen laufen kann, so wie ihr das tut, liebe Menschen, bitte. Einen Tag mal weniger Hass. Uns ginge es allen besser. Und dann können wir uns alle vielleicht auch wieder ein bisschen mehr freuen.