Mit einem Festgottesdienst am Sonntag, 5. Juni, feiert die Esslinger Frauenkirche ihr neues Geläut, den Abschluss der Außensanierung und ein 500. Jubiläum ihrer Fertigstellung. Im Turm heißen künftig sechs Glocken die Kirchgänger willkommen.

Esslingen - Acht lange Jahre haben die Besucher der Esslinger Frauenkirche auf den Wohlklang des Geläuts im spätgotischen Turm verzichten müssen. Seitdem hat es wegen der aufwendigen Sanierungsarbeiten geschwiegen. Umso mehr dürfte die Kirchgänger freuen, dass am Sonntag, 5. Juni, gleich sechs Glocken mit ihrem harmonischen Klang zu einem feierlichen Festgottesdienst von 10 Uhr an einladen, bei dem der Landesbischof Frank Otfried July predigen wird. Mit dem Gottesdienst werden freilich nicht nur die Glocken willkommen geheißen, sondern gleichzeitig der Abschluss der Außensteinsanierung und das 500. Jubiläum der Kirchenfertigstellung gefeiert.

 

Drei der Glocken, die in den Jahren 1350, 1496 und 1587 gegossen worden sind, hatten ihre Arbeit schon vom Spätmittelalter an bis 1914 in dem Turm der Frauenkirche verrichtet. Nachdem die größte einen Sprung hatte, war damals beschlossen worden, das gesamte Geläut auszutauschen. Doch nun werden sie fortan sogar von drei „jungen Kolleginnen“ aus den 1950er- und 1960er-Jahren unterstützt. Laut Claus Huber, dem Glockensachverständigen der Evangelischen Landeskirche, gibt es nicht viele Kirchen, Münster und Dome in Deutschland, die über ihr ursprüngliches historisches Geläut verfügen. Dass dies in dem Esslinger Gotteshaus, das im Jahr 1516 fertig gebaut worden ist, der Fall ist, ist für Experten fast ein Wunder. Denn viele Glocken wurden in den beiden Weltkriegen der Rüstungsindustrie zur Verfügung gestellt und eingeschmolzen.

Der Klang ist „voll und weich“

Dem Klangtrio aus der Frauenkirche ist dieses Schicksal erspart geblieben. Denn zwei der drei Glocken hatte der Geschichts- und Altertumsverein seinerzeit für 600 Mark gekauft, und die dritte war ihrer Berufung im Turm der Esslinger Johanneskirche nachgekommen. Nun sind die drei Klangkörper an ihrer ursprünglichen Wirkungsstätte wiedervereint und werden durch drei neuere Glocken ergänzt. Ihr Klang dürfte Claus Huber zufolge so „voll und weich“ erklingen wie zuletzt vor 1914. Denn die Glocken schwingen künftig in einem grundlegend sanierten Turm, der über einen neu aufgebauten Glockenstuhl verfügt und zudem eine bessere Statik aufweist. Das ermöglicht künftig volles Geläut. Zuvor war der Turm bei vollem Ausschlag arg in Schwingung geraten, was seiner Substanz nicht zuträglich gewesen war. Doch jetzt ist alles vorbereitet für ein ungetrübtes Klangerlebnis.

Claus Huber und der Projektleiter Ulrich Gökeler haben es testweise genossen. Und sie haben sich von einer „optimale Klangqualität“ bei gleichzeitiger Schwingungsarmut überzeugt. Letztere sei unter anderem mit dem „Popometer“ gemessen worden, erklärt Gökeler und lacht: Sind die Glocken in Bewegung, halte man das sensible Hinterteil an die Kirchturmspitze und „spürt, was geschieht“. Natürlich wird das Ergebnis durch weit aufwendigere technische Messungen untermauert.

Demnächst können also sechs Glocken in unterschiedlichen Kombinationen miteinander harmonieren. Zu welchen Anlässen und in welcher Zusammenstellung sie erklingen, wird der Kirchengemeinderat in einer Läuteordnung festlegen. Er greift dafür auf Vorschläge zurück, die Claus Huber erarbeitet. Das wird ihm nicht allzu schwer fallen, denn zwei der mittelalterlichen Glocken seien „klangliche Juwele“, schwärmt der Glockenexperte.

Das Westportal ist wieder begehbar

Am 5. Juni werden die Besucher ihre Frauenkirche kaum wiedererkennen, denn erstmals seit 1994 empfängt sie diese ohne Gerüst und ermöglicht ihnen, seit langer Zeit „wieder durch das Westportal, dem ehemaligen Haupteingang, zu schreiten“, wie Ulrich Gökeler erklärt. Er betont zudem, dass weder die 460 000 Euro teure Muschelkalksanierung noch die 55 000 Euro für die Glockenzusammenführung ohne Spenden hätten gestemmt werden können. Allein für die Außensanierung seien 102 000 Euro durch verschiedene Aktionen gesammelt worden. Das zeige den „Rückhalt“ der Kirche in der Bevölkerung .

Doch damit seien die Arbeiten noch nicht abgeschlossen. Denn auch eine Dach- und Innenraumsanierung stünden an. Die Maßnahmen würden schrittweise, aufgeteilt in kleinere Projekte, mit Spendenunterstützung nach und nach umgesetzt, sagt Siegfried Bessey, der Vorsitzende des Esslinger Gesamtkirchengemeinderats. „Glocken wollen Menschen rufen“, sagt der Dekan Bernd Weißenborn. Deshalb hofft er, dass sich die Menschen darauf einlassen „und ihre Kirche weiter unterstützen“. Ohne die Hilfe von außen, sei die Sanierung „nicht zu schultern“.