Das Kultusministerium streicht der Esslinger Zollberg-Realschule ein wichtiges Standbein. Eltern und Lehrer sind empört.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Es ist ein Stoß mitten ins Herz unserer Schule hinein.“ Brigitte Krömer-Schmeisser, die Rektorin der Esslinger Zollberg-Realschule (ZRS) kann die Entscheidung des baden-württembergischen Kultusministeriums noch immer nicht verstehen. Nur knapp zwei Wochen vor den Sommerferien, am 15. Juli 2016, ist sie mündlich darüber informiert worden, dass das Kultusministerium vom kommenden Jahr an den Zuschuss für das Sportprofil der Zollberg-Realschule auslaufen lässt.

 

Am 14. September hat sie dann die schriftliche Begründung des Ministeriums für den Schritt erhalten. Unter anderem heißt es da: „Die bisherige hohe zusätzliche Ressourcenausstattung war ursprünglich dem Erprobungszweck eines Sportprofils geschuldet. Aus der Erprobung leitet sich eine zeitliche Begrenzung ab, sie kann nicht als Dauerlösung angesehen werden.“

Die Erprobungsphase endet nach knapp einem halben Jahrhundert

Grundsätzlich kann die Rektorin dieser Aussage zustimmen. Im Fall der ZRS datiert der Erlass, mit dem das Kulturministerium das Sportprofil ermöglicht hat, allerdings bereits aus dem Jahr 1972. Die „Erprobungsphase“ an der ZRS läuft also nun bereits seit 44 Jahren – und aus Sicht der Schule gibt es keine Gründe, das Erfolgsmodell ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt in Frage zu stellen. Brigitte Krömer-Schmeisser: „Die sportliche Ausrichtung der Schule ist unser Alleinstellungsmerkmal und hat den Lernprozess, den Lernerfolg und die soziale Kompetenz vieler Jugendlicher in den vergangenen viereinhalb Jahrzehnten positiv beeinflusst. Sie haben Teambildung, Fairness und Rücksichtnahme gelernt.“

Auch Kay Liebrich, der Elternbeiratsvorsitzende der ZRS, kann die Entscheidung nicht nachvollziehen. In seinem Brief an die Kulturministerin Susanne Eisenmann schreibt er: „Gerade im heutigen Zeitalter, das stark von der Mediennutzung und Immobilität geprägt ist, versuchen viele Institutionen wie Schulen und Kindertagesstätten sowie auch Firmen die Bewegung und somit auch den Sport im Alltag zu fördern.“ Immer wieder werde der Bewegungsmangel und fehlende Schwimmkenntnisse von Schülern bemängelt. Umso unverständlicher sei es, dass das Ministerium gerade jetzt den „beliebten und seit 44 Jahren bewährten Sportzug mit vielfältigen Angeboten im Sportunterricht und mit vielen Sport-AGs“ streichen wolle.

Der Pressesprecher des Ministeriums, Eberhard Renz, zeigt Verständnis für die Reaktion. Das Ministerium schätze das Angebot sehr, habe aber zum Schuljahresbeginn die neuen Bildungspläne auch an den Realschulen umgesetzt. Dabei habe das Ministerium alle von der landeseinheitlichen Linie abweichenden Profile, die mit einem zusätzlichen Lehrerbedarf verbunden seien, überprüft. Dazu gehöre auch die Zollberg-Realschule. Um mehr Gerechtigkeit in der Realschule-Landschaft zu schaffen, habe man solche abweichenden Profile nun abgeschafft.

Auch der Zeitpunkt der bekanntgabe sorgt für Empörung

Aber nicht nur die Kündigung selbst, auch der Zeitpunkt der Bekanntgabe erzürnt die Verantwortlichen an der ZRS. „Von der Beendigung des Schulversuchs sind die Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 in besonderer Weise betroffen“, schreibt die Rektorin in einem Brief an die Eltern. Viele von ihnen hatten im März ihre Kinder unter der Annahme auf dem Zollberg angemeldet, dass der Nachwuchs dort die Chance habe, bei entsprechenden Leistungen in die von Stufe 6 an eingerichtete Sportklasse aufgenommen zu werden.

„Viele Eltern nehmen wegen dieses Angebots deutlich längere Anfahrtswege zur Schule in Kauf“, berichtet die Rektorin. Doch während die bisherigen Sportklassen an der ZRS von Stufe 6 an noch zu Ende geführt werden können, gäbe es, bleibt es bei dem Erlass, für die Fünftklässler das Sportzug-Angebot nicht mehr. Am Montag hat Susanne Eisenmann nun angekündigt, dass ihr Ministerium noch einmal prüfen werde, ob für die Eltern der Fünftklässler der ZRS ein Vertrauensschutz gelten könnte, da diese unter nun falschen Voraussetzungen ihre Schulentscheidung getroffen hätten. Es ist also denkbar, dass das Ende des Sportzugs um ein Jahr verschoben wird.