Viele Menschen kennen das Kaffee-Dreirad von Evita Hamon vom Wochenmarkt. Probeweise steht der Piaggio mit dem mobilen Café Hibou auch am Esslinger Rossneckar, wo er zudem eine soziale Aufgabe übernimmt.

Esslingen - Es gibt Stammcafés, in denen sich Menschen regelmäßig zu einem netten Schwätzchen treffen. Sie genießen dazu einen Cappuccino, einen starken Espresso oder einen aromatischen Tee. Evita Hamon betreibt ein solches Lokal, aber ihres hat drei Räder und ist dadurch mobil und ungebunden, aber keinesfalls schlechter ausgestattet. Denn wenn die junge Frau die hinteren Flügeltüren ihres ausgebauten Piaggio Ape hochklappt, erscheint auf den knapp vier Quadratmetern Ladefläche ein perfekt eingerichtetes Café mit einem exklusiven chromblitzenden Kaffezubereiter, Mahl- und Spülmaschine, Kühlschrank, Milchaufschäumer, Wassertank und -filter sowie einer großen Auswahl an Kaffeespezialitäten.

 

Die Stammkunden kennen und schätzen Evita Hamons Kaffeekunst inzwischen vom Esslinger Wochenmarkt, auf dem sie seit gut einem Jahr immer mittwochs und samstags mit ihrem properen kleinen Italiener aufschlägt. Dass man bei ihr den Kaffee im Stehen trinken muss, kümmert ihre Kunden nicht die Bohne, denn die Menschen kommen nicht allein des – wirklich exquisiten – Kaffees wegen. Sie halten auch gerne einen Plausch mit der freundlichen 36-Jährigen, der man anmerkt, dass das Kaffeemobil für sie mehr ist als nur ein Geschäft. Sie will ihren Kunden nicht nur Genuss, sondern auch „Entschleunigung“ bieten. Ihr klar formuliertes Ziel: „Der Kunde soll bei mir einen Kurzurlaub verbringen.“

Probeweise Bewirtung in Klein-Venedig

Rund um ihr Café Hibou herrscht tatsächlich eine entspannte Atmosphäre. „Die Herzlichkeit kommt von der Inhaberin“, sagt eine Kundin, die im Vorbeigehen einen Teil des Gesprächs mit Evita Hamon aufgeschnappt hat. Allerdings ist dieses nicht auf dem Markt geführt worden, sondern im Klein-Venedig am Esslinger Rossneckar, gegenüber der Wasserräder am Kesselwasen 4. Hier parkt die gebürtige Münsteranerin noch bis Ende des Monats probeweise ihr Kaffee-Dreirad.

Auf die Idee, den idyllischen und gleichermaßen problembehafteten Platz dienstags, donnerstags und freitags jeweils von 11 bis 22 Uhr und samstags von 16 bis 22 Uhr zu bewirten, ist sie selbst gekommen. Die Stadt ist von der Initiative angetan, hinterlassen dort doch feiernde Jugendliche regelmäßig einigen Unrat. „Ich räume den Platz drei Mal am Tag mit Handschuhen auf“, sagt Evita Hamon, die für die Jugendlichen aber Verständnis hat, suchten sie doch nur eine Möglichkeit, sich zu treffen.

Die Verwaltung goutiert das Konzept

Für die Verwaltung passe dieses Konzept so recht in die Strategie, „attraktive Orte mit wenig sozialer Kontrolle durch öffentliche Angebote zu beleben“, wie der Pressesprecher Roland Karpentier auf Anfrage erklärt. Nach dem Modellversuch würden die Erfahrungen ausgewertet, aber schon jetzt stelle sich das mobile Café dort als Erfolgsmodell dar.

Seitdem das blaue Vehikel mit der markanten Eule an dem von der Stadt aufgehübschten Ort auftaucht, kommen auch die Stammkunden dorthin und die Kaffeemaschine brummt und zischt in schöner Regelmäßigkeit. Und wer sich beim Käffchen unter freiem Himmel auf die Stufen direkt ans Wasser setzen möchte, für den hat Evita Hamon ein Sitzkissen parat.

Ausgebildet an der „School of Coffee“

Das Geschäft mit dem Kaffee auf Rädern habe sich im ersten Jahr nach der Existenzgründung ganz gut angelassen, erzählt Evita Hamon, „auch wenn ich damit nicht das Geld verdiene, das ich früher als Sekretärin verdient habe“. Aber sie werde inzwischen auch für einige Veranstaltungen gebucht. Sie achte stets darauf, eine Topqualität anzubieten. Der Kaffee sei biologisch angebaut, fair gehandelt und werde stets in Porzellantassen serviert. Das Sortiment an Kaffeegutsle wechsle ständig und auf den Milchschaum zeichnet sie mal ein Herz, mal ein Kleeblatt. Ihr neues Handwerk habe sie unter anderem bei einem Kurs in der Berliner „School of Coffee“ gelernt.

Die Arbeitszeiten seien freilich nicht ideal, gibt die Caféhaus-, pardon Caféautobetreiberin zu. Aber sie lebe mit der kleinen Ein-Frau-Firma ihren Traum und ihr jetziger Beruf sei „gefühlt wie ein Hobby“.