Das Kulturzentrum in der Pliensauvorstadt hat vom Umbau profitiert und schlägt alle bisherigen Besucherrekorde. Die Macher verzeichnen einen regelrechten Boom. Ein Teil der Besucher stammt aus der Landeshauptstadt. Manche Gäste nehmen sogar Anfahrten von mehr als 100 Kilometern in Kauf.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Solche Zahlen hat es in der Dieselstraße in Esslingen noch nie gegeben. Das soziokulturelle Zentrum verzeichnet gegenüber dem Jahr 2010 eine Steigerung um 67 Prozent an Besuchern und um 50 Prozent an Veranstaltungen. Was war geschehen? Nachdem die alte Dieselstraße saniert und um einen schmucken Neubau erweitert worden war, haben die Verantwortlichen im Jahr 2011 unheimlich gewirbelt. „Jeder wollte in den neuen Räumen eine Veranstaltung machen“, sagte Sabine Bartsch in der jüngsten Sitzung des Esslinger Kulturausschusses.

 

Das ist den Verantwortlichen geglückt. In absoluten Zahlen bedeutet das Folgendes: 8150 Besucher sind zu 68 Konzerten gekommen, 4730 Besucher strömten zu 35 anderen Veranstaltungen, wie Kleinkunst oder den regelmäßigen Treffs, 3335 Besucher gingen zu den 32 Theaterproduktionen. Nur dort gab es einen Rückgang, denn im Jahr 2010 hatte es noch 39 Veranstaltungen gegeben. Zusammengerechnet macht das rund 29 000 Besucher, oder wie es Sabine Bartsch ausdrückte: „Es war ein extrem turbulentes Jahr.“

Ein Großteil der Gäste kommt von außerhalb

Das heißt aber nicht, dass jeder dritte Esslinger den Weg in die Dieselstraße gefunden hat. Denn die Besucherstatistik zeigt eindeutig den überregionalen Rang des Kulturzentrums. Nur 20 Prozent der Besucher kommen aus Esslingen, der Löwenanteil der Gäste – rund 40 Prozent – stammt aus dem Einzugsgebiet unter 50 Kilometern, 14 Prozent fahren mehr als 50 Kilometer und je 13 Prozent der Besucher kommen aus der Landeshauptstadt oder nehmen einen Anfahrtsweg von mehr als 100 Kilometer in Kauf.

Das bewog die Gemeinderäte zu der Frage, ob man nicht mehr Esslinger Bürger in das Zentrum locken könnte. Vielleicht gelinge das über die Offene Bühne, sagte Sabine Bartsch, bei der jedermann auftreten könne. Mit diesem Projekt könne man vielleicht auch die jüngere Generation von Esslingern, die über wenig Geld verfügt und keine weiten Wege fährt, an das Haus binden. Mit dem Neubau ist auch das Onlineangebot erweitert worden: Es gibt eine neue Homepage, die nicht nur über einen Ticketservice verfügt, sondern auch ein Video der neuen Räume zeigt.

Die Ehrenamtlichen bilden das Rückgrat der Veranstaltungen

Die Dieselstraße zählt auch zu den Wirtschaftsfaktoren der Stadt. 750 000 Euro Umsatz hat das Zentrum im vergangenen Jahr gemacht. Die größten Posten waren 242 000 Euro Zuschüsse vom Land, knapp 100 000 Euro Zuschüsse von der Stadt und etwa 392 000 Euro eigene Einnahmen.

Obwohl die Dieselstraße außer Sabine Bartsch noch eine weitere hauptamtliche Kraft beschäftigt, dominieren die ehrenamtlichen Mitarbeiter. Nicht nur beim Kulturprogramm, sondern auch beim Thekendienst. Jeden Veranstaltungsabend machen etwa acht bis zehn Menschen unentgeltlich mit. Den Erfolgsbericht der Dieselstraße werteten die Gemeinderatsfraktionen in Esslingen auch als Erfolg des Standortes. Man hatte sich nach einer quälend langen Diskussion über verschiedene Standorte in der Stadt schließlich auf den alten Platz verständigt und das Haus von Grund auf neu gebaut.

Ein leer stehendes Fabrikgebäude ist die Keimzelle gewesen

Das Kulturzentrum Dieselstraße, in den 80er Jahren in einer leer stehenden Fabrik in der Esslinger Dieselstraße gegründet, war Mitte des vorigen Jahrzehnts so marode geworden, dass das Gebäude nicht mehr zu halten war. Die Dieselstraße plante den Umzug.

Bald entstand die Idee, das Kulturzentrum näher an die Innenstadt zu holen. Im Gespräch war die alte Kreissparkasse im Vogelsang-Areal und das Alte Zollamt beim Dick-Areal, die zu diesem Zeitpunkt noch leer standen. Allerdings hätte man dort anbauen müssen.

Mit der Wirtschafts- und Finanzkrise sah es im Esslinger Haushalt genauso desolat aus wie in der Kasse vieler Esslinger Unternehmen. Um Geld zu sparen, wurde der Umzug in das Alte Zollamt verworfen und ein Neubau des Hauses am alten Standort beschlossen.