Christen, Muslime und Juden verabschieden ein Grundlagenpapier für den Dialog der Religionen.

Esslingen - Der interreligiöse Dialog in Esslingen soll intensiviert werden. Diesem Ziel dient ein Grundlagenpapier, das die evangelischen und die katholischen Kirchengemeinden, die Ditib- und die Fatih-Moschee sowie das jüdische Gemeindezentrum Esslingen gemeinsam verfasst haben. Das Papier, das offiziell am Dienstag, 8. November, der Öffentlichkeit vorgestellt wird, formuliert Aufgaben für die Stadtgesellschaft. Die Inhalte haben die Beteiligten bereits am Donnerstag gegenüber der Presse vorgestellt.

 

Mit dem Papier wollen Christen, Muslime und Juden ein klares Zeichen setzen. „Das Papier ist ein Friedenspapier“, sagt der Dekan des evangelischen Kirchenbezirks, Bernd Weißenborn, stellvertretend für alle Religionen. Es gehe darum, für gegenseitige Achtung und Toleranz zu werben und Flagge gegen jede Form von Extremismus und Fanatismus zu zeigen. „Der Terror hat keine Religion, sondern ist ein Verbrechen gegen die Menschen und das Gute“, betont Taher Al Radwany von der Fatih-Moschee mit Blick auf die zahlreichen Anschläge, die seit dem 11. September 2001 die Welt erschüttert haben.

Betonung der gemeinsamen Wurzeln

Das Papier betont die gemeinsamen religiösen Wurzeln vom Judentum, Christentum und Islam, wobei der Glaube an einen allmächtigen und ewigen Gott im Zentrum steht. Es dürfe kein Nebeneinanderherleben und schon gar kein Gegeneinander geben, sondern vielmehr ein Miteinander auf Basis der freiheitlichen Ordnung. „Die Dialogpartner achten die demokratischen Grundrechte“, heißt es in dem Papier. „Sie treten für Religionsfreiheit vor Ort und weltweit ein. Sie lehnen jegliche Form religiösen Zwanges, insbesondere Gewalttaten im Namen der Religion ab.“ Angestrebt ist außerdem auch das Gespräch mit nichtreligiösen Menschen.

Auch schwierige Themen sollen in dem Dialog nicht ausgeklammert werden. Dazu zählen beispielsweise künftig mögliche interreligiöse Gebetsformen. „Die Frage des gemeinsamen Gebets ist unter uns strittig“, halten die Beteiligten fest, merken hierzu aber auch an: „Wir stellen uns einer weiteren Diskussion“. Diese soll im Rahmen eines „Dialogs der Spiritualität und die Begegnung beim Gebet“ geführt werden, wie ihn die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg vorgeschlagen hat.

Grundlagenpapier ist auch eine Selbstverpflichtung

Einig sind sich Christen, Muslime und Juden darin, dass das gegenseitige Kennenlernen der Schlüssel für die Gesellschaft ist. Hierzu sollen künftig verstärkt Begegnungsmöglichkeiten geschaffen werden. Anknüpfen wollen die Religionen dabei an die Dialogreihe „Christen und Muslime im Dialog“. In diesen Prozess hat sich vor zwei Jahren das jüdische Gemeindezentrum eingeklinkt, das ein großes Interesse an einem Austausch mit dem Ziel eines friedlichen Zusammenlebens signalisiert.

Veranstaltungen stehen zum jetzigen Zeitpunkt zwar noch nicht fest. Doch die Beteiligten verstehen das Grundlagenpapier als Selbstverpflichtung und Messlatte beim Bestreben, den Dialog anzukurbeln und diesem festere Strukturen zu geben. Der Esslinger Dekan Bernd Weißenborn formuliert es ebenso knapp wie unmissverständlich: „Jetzt müssen wir liefern.“

Texte zum Frieden aus den Heiligen Schriften

Dialog
Der offizielle Austausch zwischen Christen und Muslimen reicht bis in das Jahr 1997 zurück. Später etablierte sich die Reihe „Christen und Muslime im Gespräch“, die aktuelle Themen aufgriff. Vor zehn Jahren bemühte sich die Runde etwa, die Wogen im Karikaturenstreit zu glätten.

Gläubige
In Esslingen gibt es rund 50 000 Menschen christlichen Glaubens. Rund 8000 Menschen bekennen sich zum Islam, wobei in diese Zahl die derzeitigen Flüchtlinge nicht eingerechnet sind. Die Zahl der jüdischen Mitbürger in Esslingen liegt bei ungefähr 300.

Präsentation
Das Grundlagenpapier wird am Dienstag, 8. November, von 19.30 Uhr an im Alten Rathaus öffentlich vorgestellt. In der rund einstündigen Veranstaltung lesen Vertreter der Religionen drei Texte zum Frieden aus dem Alten und dem Neuen Testament und aus dem Koran.