Die drei großen Neckarbrücken der Stadt sollen abgerissen und für 116 Millionen Euro neu gebaut werden.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Gut, dass wir Bescheid wissen“, kommentierte die SPD-Stadträtin Heidi Bär die Diskussion über die Esslinger Brücken in der Gemeinderatssitzung am Montag. Bescheid gestoßen hatte ihr an diesem Abend der Tiefbauamtsleiter Uwe Heinemann. Er machte der Ratsrunde nicht nur klar, dass es sich nicht lohne, die drei großen Neckarbrücken der Stadt zu sanieren, sondern auch, dass die Ersatzbauten kleiner ausfallen müssten als die jetzigen Brücken, schlichtweg, um Geld zu sparen.

 

Dennoch ist es ein enormer Brocken, den die Esslinger Steuerzahler dafür aufbringen müssen. Der Neubau der drei Brücken, der Hanns-Martin-Schleyer-Brücke, der Adenauer-Brücke und der Vogelsangbrücke, verschlingt etwa 116 Millionen Euro, und zwar in der abgespeckten Version.

Die Hanns-Martin-Schleyer-Brücke ist die westlichste und mit 2500 Quadratmetern die kleinste der drei, zudem ist sie die älteste. Sie ist wichtig für die Beschäftigen bei Daimler sowie die Bürger der Stadtteile Mettingen, Brühl und Weil. Es kostet rund zwölf Millionen Euro, sie an gleicher Stelle neu zu bauen. Dabei soll der auf Stelzen gestellte Abbieger auf die B 10 wegfallen. Es gibt nur Notgehwege, Passanten und Radfahrer können die Fußgängerbrücke in der Nähe benutzen.

Die Vogelsangbrücke, die zur Esslinger Innenstadt führt, kostet rund 41 Millionen Euro. Sie soll in voller Größe wiedergebaut werden. Sie hat eine Fläche von etwa 10 000 Quadratmetern. Das größte Bauwerk ist die Konrad-Adenauer-Brücke, die den Neckar, die Bahnlinie und Teile des Oberesslinger Industriegebietes überspannt. Der mächtige geschwungene Bau umfasst etwa 14 000 Quadratmeter Fläche und würde rund 63 Millionen Euro kosten, selbst wenn man, wie geplant, zwei Abbiegespuren weglässt. Die Gehwege sollen belassen werden, weil es keine Fußgängerbrücken an dieser Stelle gibt.

Uwe Heinemann hat lange mit Verkehrsplanern gesprochen und sich die Auswirkungen auf den Verkehr berechnen lassen, die eine Reduktion der Fahrspuren mit sich bringt. Sein Fazit lautet: „Der Rückbau ist möglich.“

Heinemann präsentierte der Ratsrunde nicht nur einen zeitlichen Fahrplan, sondern auch einen finanziellen. Allerdings mit der Einschränkung, dass die Stadt bislang lediglich weiß, wie hoch die Kosten sein werden, nicht aber, woher sie das Geld nehmen soll. Heinemann geht davon aus, dass am Ende der 2020er-Jahre alle drei Brücken fertig sein werden, wenn nichts Unvorhergesehenes passiert. „Das Thema wird uns noch lange beschäftigen“, kommentierte dazu der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger, „das war jetzt keine Drohung, sondern ein Versprechen.“

Dass die drei Brücken neu gebaut werden müssen, hat mit ihrer Konstruktion zu tun. Denn es handelt sich um frühe Spannbetonbrücken, die auf eine Lebensdauer von rund 100 Jahren geplant waren. Dass sie schon nach knapp 60 Jahren marode sind, liegt jedoch nicht nur an der Bauweise, sondern auch an der hohen Verkehrsbelastung der Brücken. Die Stahlseile, die den Beton spannen, wurden damals einbetoniert. Das heißt, man kann sie nicht einfach ausbauen, wie das bei modernen Brücken möglich wäre, sondern muss die Konstruktion komplett abreißen.

Der Gemeinderat nahm in der Sitzung den Plan zustimmend zur Kenntnis. Obwohl er übersichtlich und detailliert ausgearbeitet ist, sieht Heinemann ihn noch nicht als der Weisheit letzter Schluss. Trotzdem war er unter den drei anderen Varianten, die von verschiedenen Planungsbüros erarbeitet wurden, für das Amt der schlüssigste.

Heinemann betrachtet den Plan als Arbeitsgrundlage, wenn es darum geht, ein neues Verkehrskonzept zu erstellen und nach Zuschüssen zu suchen. Neben diesen Neubauten kommen noch weitere Belastungen auf die Stadt zu. Bedingt durch die Berg- und Tallage und die zahlreichen Kanäle und Bäche, die die Stadt durchziehen, gibt es eine dreistellige Zahl von Brücken, die ebenfalls irgendwann renoviert werden müssen. Ein prominentes Bauwerk ist beispielsweise die Tragkonstruktion der Augustinerstraße, die ebenfalls auf eine Renovierung wartet.

In den vorausgegangenen Sitzungen des Gemeinderats und des Esslinger Bauausschusses hatte der Tiefbauamtsleiter immer wieder betont, dass die Brücken zur Zeit absolut standsicher seien. Dennoch wird die Stadt ein Überwachungssystem aufbauen müssen, um ein plötzliches Versagen der Brücken auszuschließen. Diese Anlage soll im kommenden Jahr bereits in Betrieb gehen.